«Zwei Himmel über dem Thurgau»
Anlass zum Buch ist das Jubiläum des Landeskirchenrechtes, welches mit der Kantonsverfassung am 28. Februar 1869 vom Thurgauer Volk deutlich angenommen wurde. In fünf Aufsätzen werden die komplexen historischen Prozesse der Vor- und Nachgeschichte dieses Ereignisses beleuchtet.
Neugestaltung der Beziehung
Thematisiert wird das Verhältnis von Kirche und Staat vom 18. bis ins 21. Jahrhundert. Nach einer religionsphilosophischen Einleitung von Religionswissenschaftler Reto Friedmann erzählt der evangelische Theologe Rudolf Gebhard die Entstehung der beiden Landeskirchen in seinem Aufsatz als Freiheitsgeschichte. Freiheit sei das grosse Schlagwort der Zeit gewesen, auf das sich alle katholischen und protestantischen partei- und kirchenpolitischen Gruppierungen beriefen.
Entwicklung des Zivilstandswesens
Der Historiker André Salathé widmet sich der Entwicklung des Zivilstandwesens im 19. Jahrhundert. In seinem Aufsatz geht es unter anderem um die Erfassung der Ereignisse Geburt, Eheschliessung und Tod. Und um die langsame Veränderung des Verhältnisses der Menschen zu diesen Ereignissen und deren Niederschlag im Zivilrecht.
Religion in der Schule
Dass Staat und Kirche immer in einer Beziehung zueinander stehen und diese mit dem Wandel der Gesellschaft neu verhandelt werden muss, wird exemplarisch beim Thema Religion in der Schule deutlich. Die Erziehungswissenschaftlerin Carla Aubry zeigt in ihrem Beitrag auf, dass neben der Auflösung der konfessionellen Schulen vor allem auch die Frage um die Hoheit über den Religionsunterricht bereits Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem Konflikt zwischen Staat und Kirche führte.
Sonderweg mit Armenfürsorge
Mit drei Biografien zeichnet die Historikerin Heidi Witzig in den Dörfern evangelisch Aadorf, katholisch Wuppenau und evangelisch Aawangen den Umgang mit verarmten Familien nach. Während das Zivilstandwesen im Vergleich zum Schulwesen bereits weniger im Fokus der Säkularisierung stand, so schien sich um das Armenwesen niemand streiten zu wollen. Der Kanton Thurgau schlug in diesem Bereich einen für die Schweiz einmaligen Sonderweg ein: Das Armenwesen verblieb bis 1966 in der Zuständigkeit der Landeskirchen.
Band mit Zeichnungen
Es sei ein Set an Zugängen zu einer Geschichte zusammengekommen, welche den Thurgau stark geprägt hat und heute auf eine veränderte Weise immer noch prägt, heisst es im Vorwort der beiden Herausgeber, Reto Friedmann und André Salathé. Zudem sei es das erste Mal, dass ein Band der Thurgauer Beiträge zur Geschichte durchgängig mit eigens für ihn angefertigten Zeichnungen ausgestattet wurde. Gezeichnet wurden diese von Johanna Müller, die auch das Wimmelbild zum Jubiläum gestaltet hat. (pd)
«Zwei Himmel über dem Thurgau»