Würze, Witz und eine Prise Leichtsinn
Die Bodenseekirche, gleich an der Grenze in Kreuzlingen, ist ein eher schlichtes Gebäude. Steht hier wirklich ein clownesker Comedy-Abend mit dem Titel «Espresso-Bibel» auf dem Programm? Doch, wir sind hier richtig. Und schön kühl ist es auch.
Er hat tatsächlich etwas von einem Espresso – oder noch besser: von einem Schweppes: Eric Wehrlin sprudelt und trudelt durch die Bibel, hüpft, turnt und spielt sich am Cello durch Altes und Neues Testament. Zunächst begründet er die Motivation für die Espresso-Bibel: «Woher kommen wir, wer sind wir, wohin gehen wir nachher essen?» Zudem: Wer lese sich schon gerne die Leviten?
Die ersten Lacher hat Wehrlin, der die «Scuola Teatro Dimitri» absolviert hat, damit auf sicher, und die rund 80 Zuschauer bleiben auch in den folgenden eineinhalb Stunden gut unterhalten. «Applaus ist das täglich Brot des Künstlers – deshalb bin ich so schlank», frotzelt er zum ersten Beifall.
Irgendwelche Fragen?
Wehrlin fängt, wie könnte es anders sein, bei Adam und Eva an. Immer wieder streut er Sätze ein, die verhindern, dass der Abend zur erbaulichen Bibelstunde wird: «Gott war vom Affen enttäuscht und sagte sich: ‚Ich muss einen Menschen schaffen.‘» Und Eva hätte aus einem viel geschmähten Reptil besser chinesische Schlangensuppe gemacht. Die rasant und assoziativ gesetzten Pointen amüsieren, auch wenn man den einen oder anderen Kalauer schon mal gehört hat. Und immer wieder streut Wehrlin treuherzig den Satz ein: «Gibt es bis hierher irgendwelche Fragen?»
Wehrlin, mit roten Hosenträgern und mehrfarbigen Schuhen, wechselt flott zwischen Bayerisch, Bern- und Hochdeutsch, und sein Jona sächselt wie Olaf Schubert. Die Reise geht weiter zu Noah, dann zum Turmbau zu Babel («über diese Sache ist schon viel Schnee gewachsen»), erreicht noch vor der Pause Abraham und Isaak.
«Morgenbeleidigung»
Nach der Pause wird Wehrlin ernst: «Die Bibel ist kein Polizist. Gott will Beziehung, er will keine Gesetze.» Die Zuschauer nicken. Aber gleich flapst er wieder. Einer der Sprüche (Kapitel 27, Vers 14) habe es ihm angetan, die so genannte «Morgenbeleidigung»: «Wer seinem Nächsten allzu laut Glück wünscht in der Frühe, dem wird es als Verwünschung ausgelegt.» Und via Psalmen hebt er ins Neue Testament ab.
Jesus spreche provokant, und wenn er sage «Folge mir!», dann klinge das wie ein Hausmeister in einem verstrahlten AKW. Auf Paulus‘ Briefe an die «Römer und Koreaner» meint Wehrlin: «Gibt es irgendwelche Fragen?» Schliesslich der «Big Finish», die Offenbarung, «die sie als 3D-Film nicht lange durchstehen würden.» Und nach eineinhalb Stunden «kreist sich der Schliess.»
Der anschliessende Applaus lässt Wehrlin nicht verhungern, und das Verdienst seines Espressos ist, dem manchmal allzu ernsten Christentum Würze, Witz und eine Prise Leichtsinn einzuhauchen.
Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».
Matthias Böhni /ref.ch / 27. Juni 2016
Würze, Witz und eine Prise Leichtsinn