News aus dem Thurgau

Warum die Kirchen das Kürzel «USR III» kennen sollten

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23.09.2016
Reichlich abstrakt kommt sie daher, die Unternehmenssteuerreform III (USR III). Doch die Kirchen sollten sich mit ihr befassen, weil die Reform happige Steuerverluste verursachen könnte.

Das Referendum der SP gegen die Unternehmenssteuerreform III (USR III) ist vergangene Woche zustandegekommen, die Abstimmung könnte bereits am 12. Februar 2017 stattfinden. Falls die komplizierte Finanzreform an der Urne angenommen wird, hätten die Kirchen mit grossen finanziellen Einbussen zu rechnen. Wird die Reform abgelehnt, müssten National- und Ständerat nochmals verhandeln und eine mehrheitsfähige Variante präsentieren.

Was aber hat eine Unternehmenssteuerreform mit der Kirche zu tun? Sehr viel. Denn die Kirchen finanzieren sich nicht nur über Steuern natürlicher Personen, sondern auch über diejenigen von Firmen. Die USR III tangiert also die juristischen Kirchensteuern, die nur die Kirchen von Basel-Stadt, Schaffhausen, Aargau, Appenzell Ausserrhoden und Genf nicht kennen.

Teure Kompensation von Steuerprivilegien
Auf Druck der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD und der EU sollen mit der USR III Steuerprivilegien für ausländische Firmen beseitigt werden. Dies ist an sich unbestritten. Damit die Firmen aber nicht abwandern, werden andere Steuern gesenkt. Der Bund lässt den Kantonen zudem einen höheren Anteil an der Bundessteuer zukommen, damit diese auch die Gewinnsteuern der Firmen senken.

Wie stark sie dies tun, ist noch offen. Falls die USR III wie vorgesehen umgesetzt wird, resultiert für viele Gemeinden je nach Kanton ein deutlicher Steuerverlust. Dieser wirkt sich auch auf die Kirchgemeinden aus. Ob die Kantone die Kirchen dafür entschädigen, ist unklar. Die Berner Regierung beispielsweise will den Kirchen etwas vom höheren Anteil der Bundessteuern abgeben, wie am Freitag auf Radio SRF1 bekannt wurde.

Stadt Zürich: acht bis zehn Millionen Franken weniger
Die Kirchgemeinden werden aber ganz unterschiedlich von der USR III betroffen sein. Grundsätzlich gilt: Je mehr Wirtschaft, umso stärker der Steuerrückgang. Der reformierte Stadtverband Zürich rechnet mit einem Verlust von acht bis zehn Millionen Franken pro Jahr, das entspricht einer Reduktion um 25 bis 30 Prozent. Vieles ist jedoch gemäss Stadtverband noch im Ungewissen. In der Kirchgemeinde Biel rechnet man ebenfalls mit einer Reduktion von rund einem Viertel. Biel unterstützt deshalb das Referendum. Die Zürcher Kantonalkirche prüft momentan, ob sie es ebenfalls unterstützen will.

Der Synodalrat Bern-Jura-Solothurn hat zudem geschätzt, wie gross die Steuerverluste für Berner Kirchgemeinden sein können. Für einige machen demnach die Steuern von juristischen Personen etwa die Hälfte der Steuereinnahmen aus. «Dem Synodalrat ist bewusst, dass einzelne Kirchgemeinden in arge Bedrängnis geraten können», schreibt er.

Kirchliche Projekte und Angebote sind bedroht
Nicht nur die Kirchgemeinden könnten aber in Bedrängnis geraten, auch die juristische Kirchensteuer ist es seit längerem. Immer wieder wird mit Initiativen versucht, sie zu kippen – erfolglos, zuletzt vor zwei Jahren im Kanton Zürich. Gerade die Ärmsten profitieren von diesen Steuern aber am meisten, weil sie für den nicht-kultischen Bereich reserviert sind.

Diese Steuern finanzieren unter anderem Hilfswerke, kulturelle Angebote, die Sozialdiakonie und die Spezialseelsorge. Hier müsste beispielsweise in der Stadt Zürich nach Umsetzung der USR III erheblich reduziert werden, zum Beispiel in der Spitalseelsorge, Familienarbeit, Jugendintegration oder Flüchtlingsarbeit.

Auch der Kirchenbund ist nun wegen der USR III aktiv geworden. Momentan verfasst er eine ethische Analyse zu den Auswirkungen. Zudem ist er für die Parolenfassung auf nationaler Ebene zuständig. Der Rat des SEK trifft sich das nächste Mal aber erst am 28. Oktober, kurz vor der Abgeordneten-Versammlung am 7./8. November. Bis dahin sollte ein Argumentarium bereitstehen, ob und wie die Kirchen das Referendum gegen die USR III unterstützen sollen. Denn der 12. Februar ist bald.

Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».

Matthias Böhni /ref.ch / 23. September 2016

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