Vom Schloss in die Kirche
Nach drei Jahren intensiver Arbeit sind Schloss Hauptwil und die Nebengebäude – direkt angrenzend an das Kirchen- und Friedhofsareal – komplett saniert. Wohn- und Büroräumlichkeiten werden bereits genutzt. Der barocke Schlossgarten und die biodiverse Wiese unterhalb des Pfarrhauses blühen, wobei sogar ein einstiger Teil des Grundstücks der Kirchgemeinde integriert werden konnte.
Die bewegte Geschichte der Erbauerfamilie und Textildynastie Gonzenbach erlebt gewissermassen eine Renaissance: Das Anwesen wurde von der neuen Inhaberfamilie Matuschka von Greiffenclau in Zusammenarbeit mit vielen Fachleuten «wachgeküsst» und erstrahlt wie zur Erbauungszeit in den Jahren 1664/1665 in neuem Glanz.
Schlosskapelle wurde zu klein
Der heutige Gartensaal des Schlosses war ursprünglich der Versammlungsraum für den Gottesdienst im Dorf, das vor allem dank der erfolgreichen Textilindustrie einen beispiellosen Aufschwung erlebte. Gemäss der Chronik des Bischofszellers Albert Brack zum 100-Jahr-Jubiläum der Kirche Hauptwil waren in der Schlosskapelle zuerst nur Privatgottesdienste für die Familie Gonzenbach und deren Bedienstete zugelassen. Laut Brack wurden dann 1713 alle kirchlichen Handlungen für die gesamte Bevölkerung erlaubt.
Der zunehmende Platzmangel habe den Bau der evangelischen Kirche erforderlich gemacht, berichtet der neue Schlossherr Markus Graf Matuschka von Greiffenclau. Er macht keinen Hehl daraus, dass es ihm wichtig ist, dass sein Schloss und seine Familie unter dem Segen Gottes stehen. «Das ist in der heutigen Zeit keine Selbstverständlichkeit mehr», sagte der evangelische Bischofszeller Pfarrer und Kirchenrat Paul Wellauer anlässlich eines Segnungsgottesdienstes, den er gemeinsam mit seinem katholischen Amtskollegen Christoph Baumgartner leitete.
Neuer Besitzer, neue Sitten
Ein «Stück Schloss» ist bis heute in der evangelischen Kirche erhalten geblieben: Die Orgel eines unbekannten Orgelbauers aus dem 17. Jahrhundert wurde nämlich 1886 von der damaligen Schlosskapelle in die neu errichtete evangelische Kirche verlegt.
Ausserdem bestand laut einem alten Gemeindeversammlungsprotokoll damals kaum Aussicht, dass Samuel Brunnschweiler, der die Schlossliegenschaft wenige Jahre zuvor gekauft hatte, die mit ihm festgelegte, befristete Miete für die öffentliche Mitbenutzung verlängern würde. Damit wurde die Mittelbeschaffung für den Bau einer «Capelle» lanciert. Die ursprüngliche Orgel war gemäss Brack die erste, die im Thurgau von der kirchlichen Obrigkeit in Zürich nach der Reformation Zwinglis genehmigt wurde.
Teil der Orgel erhalten
1901 hat gemäss Peter Fasler, Betreuer des Schweizer Orgelverzeichnisses, Friedrich Goll aus Luzern eine neue Orgel ins alte Gehäuse gebaut. Dazu habe er auch noch einiges Pfeifenmaterial aus der alten Orgel verwendet. 1934 sei dann die Orgel von Orgelbau Kuhn aus Männedorf umgebaut und erweitert worden.
Auch die Orgel von 1948 der Firma Orgelbau Genf wurde gemäss dem Orgelverzeichnis wiederum ins alte Gehäuse eingebaut, das dazu aber etwas angepasst werden musste. Die ursprünglichen Flügeltüren wanderten laut Brack in das Museum Bischofszell. Als 1995 die Kirche renoviert wurde, wurde die Orgel gereinigt.
Stimmiges Umfeld für Feierlichkeiten
Die Kapelle im Schloss bleibt laut Markus Graf Matuschka von Greiffenclau der Öffentlichkeit erhalten – wenn auch ohne Orgel: Sie könne konfessionell unabhängig für Anlässe gemietet werden. Für Hochzeitsempfänge stünden auch der Gartensaal und der Bildersaal zur Verfügung: Diese beiden historischen Räumlichkeiten bieten zusammen mit dem Gartenpavillon im Barockgarten eine stimmige Kulisse, wobei bei Bedarf und Eignung laut Matuschka auch das historische Türmchen hinzugemietet werden könne.
Alles in allem wurde dadurch zusammen mit der beliebten Hochzeitskirche Hauptwil eine Möglichkeit geschaffen, auf kompaktem, vielseitig nutzbarem Raum ein komplettes Fest zu organisieren.
Vom Schloss in die Kirche