Sie lässt sich nicht abschrecken
54 Kirchbürgerinnen und Kirchbürger haben sich an diesem Dienstagabend in der evangelischen Kirche in Erlen eingefunden. Es ist Kirchgemeindeversammlung. Keine gewöhnliche, denn immerhin wird über die Fusion mit der Nachbargemeinde Andwil abgestimmt.
Schaut man sich in der Kirche um, fällt auf, dass nur wenige U40-Jährige auf den Bänken Platz genommen haben. Valentina Steffen in der zweiten Reihe sticht deshalb besonders hervor. Sie ist 16 Jahre alt und begleitet ihre Eltern erstmals an eine Versammlung.
«Fehler können passieren»
Anders als auf politischer Ebene darf sie in der Kirchgemeinde bereits mitbestimmen. Die Evangelische Landeskirche Thurgau hat das Stimmrechtsalter im Jahr 2002 auf 16 Jahre gesenkt. Als sie von ihren Eltern gefragt worden sei, ob sie mitkommen möchte, habe sie nicht lange gezögert, sagt Valentina Steffen: «Ich wollte selbst mal sehen, wie eine Kirchgemeindeversammlung abläuft.»
Rückblickend sei nicht alles so gewesen, wie sie es sich im Vorfeld ausgemalt habe. «Bei der Präsentation der Jahresrechnung und des Budgets habe ich nicht immer alles verstanden», gibt sie nach der Versammlung offen zu. «Und ich war überrascht, dass einige Leute ziemlich energisch reagiert haben, als eine Abstimmung wegen fehlender Wahlzettel wiederholt werden musste.» Es seien ja alles Menschen und da könne ein solcher Fehler passieren.
Nicht nur Junge fehlen
Davon abschrecken lässt sich Valentina Steffen aber nicht. Sie will ihr Stimmrecht in der Kirchgemeinde auch in Zukunft nutzen – wahrscheinlich schon im Herbst. Dann wird die neue Evangelische Kirchgemeinde Andwil-Erlen offiziell konstituiert.
Ob dann weitere Altersgspänli dabei sein werden? Die angehende Zierpflanzengärtnerin ist skeptisch. «Vielen fehlt das Interesse – nicht nur für die Versammlung, sondern für die Kirche generell.» Das zeige sich aber nicht nur in ihrer Generation, hat sie den Eindruck.
Früh Erfahrungen sammeln
Ob auch auf politischer Ebene das Stimmrecht auf 16 Jahre gesenkt werden soll, wird vielerorts diskutiert. Anfang Jahr hatte das Eidgenössische Parlament der Forderung indes eine Abfuhr erteilt – nach fünfjähriger Diskussion. Für Valentina Steffen ist das kein Beinbruch. Sie finde es zwar gut, wenn die junge Generation mitdiskutieren und mitbestimmen könne. Schliesslich sei sie die Zukunft. Manchmal sei sie aber auch froh, noch nicht mitwirken zu müssen: «Gerade in der Politik sind einige Themen sehr komplex, und ich finde es wichtig, dass man versteht, worüber man abstimmt.»
Valentina Steffen kann sich durchaus vorstellen, später mal ein kirchenpolitisches Amt zu übernehmen. «Aber jetzt fühle ich mich noch zu jung und noch nicht reif dazu. Deshalb möchte ich nun zuerst einmal Erfahrungen sammeln – zum Beispiel, indem ich an den Versammlungen teilnehme.»
«Könfler» entdecken
Mit der Konfirmation gilt man in der Kirche als «erwachsen» und kann mitbestimmen. Voraussetzung ist, dass man 16 Jahre alt ist. Die Konfirmationsgottesdienste in den Thurgauer Kirchgemeinden finden jeweils im Frühling statt. Bilder der aktuellen Konfirmandinnen und Konfirmanden gibt es hier zu entdecken.
Sie lässt sich nicht abschrecken