Schweizer Reformationsmusik für New York
Der grosse Saal im Aarauer Zwinglihaus ist zu klein an diesem Samstag im Mai: Über hundert Sängerinnen und Sänger versammeln sich hier zu einem Probenendspurt. Viele sind aus Aarau, aus der Kantorei der reformierten Stadtkirche oder dem katholischen Projektchor. Aber auch aus Frick und Binningen BL sind sie angereist und sogar aus dem bernischen Wohlen. Sie alle vereint ein Ziel: New York. Genauer gesagt, zwei Konzerte dort in der Auffahrtswoche. Eins in der St. Patrick’s Cathedral und eins in der Carnegie Hall.
Eingefädelt hat das Dirigent Dieter Wagner. Im Januar 2015 erhielt er ein Mail von Distinguished Concerts International New York (DCINY), einer Musikagentur, die unter anderem in der Carnegie Hall Konzerte organisiert, wenn dort im Frühling die Hauptsaison abgelaufen ist. «Ich dachte zuerst, das sei Spam», sagt Wagner. Doch das war es nicht, per Telefon kam die Bestätigung: Ob Wagner es sich vorstellen könnte, im Mai ein sogenanntes Singalong zu leiten. «Ich weiss immer noch nicht, wie ich zu dieser Ehre komme», sagt Wagner. «Vielleicht, weil ich vor einiger Zeit in Japan schon ein ähnliches Event geleitet habe.»
Ein vergessener Choral
Die Einladung kam genau zum richtigen Zeitpunkt: Wagner war gerade dabei, das Programm für die Mendelssohn-Tage 2017 zusammenzustellen, die seit 2015 jährlich in Aarau stattfinden. Ein Konzertprogramm für das Reformationsjubiläum sollte es diesmal werden. Die New Yorker waren mit dem Programm einverstanden, und so gibt es jetzt Musik zum Reformationsjubiläum auch in New York. Dafür eignet sich Mendelssohn sehr gut, war er doch laut Wagner «der grösste evangelische Kirchenmusiker seit Bach». Geistliche Werke, Psalmen und Motteten stehen auf dem Programm, ein bisschen Bach ist auch dabei. Und ein Choral, den Mendelssohn 1843 für das Aargauische Kirchengesangbuch komponiert hatte und der bis vor zwei Jahren in Vergessenheit geraten war.
An diesem Samstag wird den ganzen Tag geprobt, es bleibt nicht mehr viel Zeit. Die Luft wird dicker, der Stress nimmt zu. Alles klappt noch nicht, wie es soll. Bei manchen Stücken haben die Sänger den Blick noch zu sehr in den Partituren, um ihre Aufmerksamkeit auf den Dirigenten zu richten. Aber Wagner ist zuversichtlich: Bis New York sollte es reichen.
Marianne Weymann /ref.ch
Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».
Links zu den Konzerten:
24.5. in der St. Patricks Cathedral:
https://saintpatrickscathedral.org/events/choral-concert-dieter-wagner-singers#.WL_edsEun20.facebook
26.5. in der Carnegie Hall:
Das gleiche Programm wird im November auch in der Aarauer Stadtkirche aufgeführt.
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