Religion trifft Schule
Im Rahmen der Fächer «Natur, Mensch, Gesellschaft» (NMG) und «Ethik-Religion-Gemeinschaft » (ERG) sieht der Volksschullehrplan vor, dass alle Lernenden im Umgang mit Religionen und Weltsichten kompetent werden. Viele Schülerinnen und Schüler besuchen zudem den kirchlich verantworteten Religionsunterricht. Deshalb sagt Mirjam Loos, Leiterin der Fachstelle Religionsunterricht bei der Evangelischen Landeskirche Thurgau: «Ich möchte dazu beitragen, dass Lehrkräfte an der Schule und die kirchlichen Religionslehrpersonen ein gegenseitiges Verständnis entwickeln. Bestenfalls erhoffe ich mir daraus einen direkten Austausch und gemeinsame Projekte.»
Gute Zusammenarbeit
Naturgemäss habe der konfessionell oder ökumenisch erteilte kirchliche Religionsunterricht eine Innensicht auf religiöse Sachverhalte, so Loos. Die Perspektive in den schulisch verantworteten Fächern NMG und ERG sei religionskundlich. Aber dass didaktische und lerntheoretische Grundüberzeugungen ähnlich sind, zeige sich an der guten Zusammenarbeit der beiden landeskirchlichen Fachstellen mit der Pädagogischen Hochschule Thurgau (PHTG) in Kreuzlingen. Namentlich mit Judith Bohrer, die an der PHTG die Ausbildung und Beratung für den Bereich Religion für künftige Volksschullehrpersonen verantwortet.
Evangelische Medienstelle auf Campus
Ein Beispiel dieses guten Einvernehmens sei die Medienstelle der Evangelischen Landeskirche Thurgau, die Jmerio Pianari führt und die in die Campus-Bibliothek der PHTG integriert ist. Indes: «Manche Lehrkräfte an den örtlichen Schulen wissen zum Teil zu wenig, wie stark unser neuer Religionslehrplan auf den kantonalen Lehrplan abgestimmt ist», sagt Loos. Deshalb sei die bessere Vernetzung sinnvoll, was unter anderem mit einer interkantonalen Impulstagung an der PHTG im Juni über den staatlichen und kirchlichen Bildungsauftrag bewirkt werden soll.
Gute Beispiele sollen zugänglich gemacht werden. Die Doppelfunktion von Christina Aus der Au sei ebenso hilfreich: Die neue Kirchenratspräsidentin und PHTG-Dozentin für Religionen, Ethik und Politik moderiert die Tagung. Der katholische Kirchenratspräsident Cyrill Bischof wünscht sich, dass die Schule «zu einer echten Lebensschule» wird, die nicht in einer «fiktiven religiösen Neutralität verhaftet ist, sondern eine verortbare, ethische Grundhaltung in offener Toleranz vertritt».
Zeitgemäss interpretieren
Magnus Jung, Präsident der Thurgauer Schulleitenden und Schulleiter in Sulgen, räumt ein, dass die Bedeutung der Religionslehre in der Schule abnehme. Die Schule müsse sich mit verschiedenen Wertehaltungen, Lebensplänen und Weltanschauungen auseinandersetzen. Sie könne sich nicht auf eine einzige Richtung eingrenzen. Dennoch sei die Zugehörigkeit zu einer Religion ein Rahmen, der Verlässlichkeit und Strukturen bringe, die viele Menschen (wieder) suchten.
Jung selber genoss seine Erstausbildung zum Primarlehrer am einstigen katholischen Lehrerseminar St. Michael, der heutigen Pädagogischen Hochschule in Zug. Dort sei er von weisen Persönlichkeiten positiv geprägt worden. Er habe miterlebt, dass es zielführend sei, religiöse Vorschriften oder Glaubenssätze zeitgemäss zu interpretieren. Gewichtige Aufgabe Die Rektorin der PHTG, Sabina Larcher ist überzeugt: «Der neu ‹harmonisierten› Schule kommt in einem religiös vielfältigen und heterogenen Umfeld eine gewichtige Aufgabe zu.»
Es gehe darum, Schülerinnen und Schüler mit religiösen Traditionen, ethischen Orientierungen und kulturellen Fragen pluraler Gesellschaften in Kontakt zu bringen. Der schulisch verantwortete Unterricht dürfe klar profiliert sein, müsse aber auch die Glaubens- und Gewissensfreiheit gewährleisten. Das zeigt sich etwa darin, dass der islamische Religionsunterricht in Kreuzlingen an den öffentlichen Schulen vor zwölf Jahren eingeführt wurde und nach den Sommerferien im Rahmen eines dreijährigen Projekts auch in Romanshorn starten soll.
Hier finden Sie weitere Informationen zur Tagung «Religion in der Schule» vom Freitag, 10. Juni, 9 bis 17 Uhr, PHTG in Kreuzlingen.
(Roman Salzmann)
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