Pfingsten – Geburtstag der Kirche
Rosemarie Hoffmann
Nach der Erzählung des Elia am Gottesberg Horeb kam Gott nicht im Sturm, nicht im Erdbeben, nicht im Feuer, sondern im «sanften, leisen Säuseln» (1. Kön 19,1-13). Der Wind ist ein Sinnbild für den Geist Gottes. Den Wind können wir nicht fassen und festhalten. Er entzieht sich unseren Zugriffen, genauso wie wir den Geist nicht für uns in Anspruch nehmen können. Das Sinnbild vom Wind macht uns deutlich, dass der Geist Gottes unser Fas-sungsvermögen übersteigt.
Geister unterscheiden
Im Neuen Testament hören wir oft vom Heiligen Geist. Geist im Griechischen bedeutet «Pneuma». Im Lateinischen wird «Pneuma» mit «Spiritus» übersetzt.
Daraus leitet sich der Begriff «Spiritualität» ab. Sie weist auf die Kraft und Energie des Heiligen Geistes hin. Paulus ruft zur Geisterunterscheidung auf. Der Heilige Geist steht im Gegensatz zum profanen Zeitgeist und zum dämonischen Geist. Der Heilige Geist redet nicht aus sich, sondern er wird den Glaubenden Jesus als die Wahrheit Gottes bezeugen (Joh 16,13 ff).
Atemberaubende Heiligkeit
Das «Heilige» im Heiligen Geist verweist noch auf etwas anderes: auf das Vollkommene und das unsagbare Geheimnis, das Schauervolle des «mysterium tremendum», wie es einst der Theologe Rudolf Otto beschrieb. Für manche Menschen ist die Erfahrung des Heiligen das Wundervolle, Göttliche; es ist viel mehr als menschliches Getröstet-sein. Es gibt Frieden über alle Vernunft. Manchmal kann man das Heilige sogar hören: Das «Heilig, heilig, heilig» des Komponisten Franz Schubert trifft fast jedes Gemüt. Gerhard Tersteegens Kirchenlied: «Gott ist gegenwärtig, alles in uns schweige und sich innigst vor ihm beuge», hat das Heilige eingewoben. Nach der lukanischen Pfingstgeschichte hat Gott sich in der Kraft des Heiligen Geistes offenbart (Lk 24,49). Dieser wurde über den Kreis der Jünger ausgegossen. Erst durch den Heiligen Geist wurden sie zur Missionsverkündigung befähigt. Damit hat die Kirche ihren Anfang genommen.
Nach Paulus ist Jesus Christus das Fundament der Kirche (1. Kor. 3.11). Ein Widerspruch ist das nicht. Es zeigt, dass Gott uns nahe sein will, in Jesus Christus und im Heiligen Geist. Jesus sagt im Johannesevangelium: «Gott ist Geist, und die ihn anbeten, müssen ihn im Geist anbeten» (Joh 4,24). Der Heilige Geist konstituiert die Kirche; das erfüllt uns mit grosser Freude. Die Kirche ist Gottes Werk und nicht Menschenwerk. Aber der Heilige Geist ist nicht Eigentum der Kirche. Wir sollen ihn empfangen und weitergeben in die Welt mit ihren drängenden Fragen.
(26. April 2018, Text: Rosemarie Hoffmann, Bild: Wikimedia Commons)
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