Noch eine grosse Liebe
«Dann wird also Amriswil deine erste grosse Liebe.» Das sagte der Vikariatspfarrer 1988 zu Roland Trachsel nach dessen Wahl in Amriswil. «Er sollte Recht bekommen. Trotz oder gerade wegen allen Herausforderungen wuchs mir und meiner zuletzt siebenköpfigen Familie diese Gemeinde ans Herz. Wenn es nach unseren Kindern gegangen wäre, wären wir noch immer dort…» Allmählich entwuchs Trachsel aber seinen liebsten Aufgaben – etwa der Leitung des Sonntagsschullagers – und eine gewisse ermüdende Routine stellte sich ein. So wechselte die Familie 2005 nach Alterswilen, wo sich Pfarrer Trachsel zunächst mit neuer Motivation einbrachte. Allmählich rutschte er aber in eine schwere Erschöpfungsdepression. Nach dem Zusammenbruch im Dezember 2008 war klar, «dass die Gemeinde und ich getrennte Wege gehen mussten.»
Begabungen neu entdeckt
Im Wissen, dass eine 100-Prozent-Stelle nun seine Kräfte überfordern würde, suchten seine Frau und er eine Teilzeitstelle. So schlugen sie ihre Zelte im Oktober 2011 in Adelboden auf. Hier fand Pfarrer Trachsel einen engagierten und wohlwollenden Kirchgemeinderat vor und eine Pfarrkollegin, mit der er sich sehr gut ergänzt und mit der die Zusammenarbeit viel Freude bereitet. «Von Anfang an wurde mir hier das Vertrauen geschenkt, mich auch mit neuen Ideen einzubringen. Eine aktive Aufarbeitung von positiven und negativen Erfahrungen in meinen ersten Gemeinden half mir, mit meinen Schwächen besser umzugehen und meine Stärken sinnvoll einbringen zu können. So bin ich im Rückblick auch all jenen dankbar, die mich im Thurgau ‹zu Fall› gebracht haben. Sie haben mir letztlich geholfen, meine Begabungen neu zu entdecken und zu entfalten.»
Heimisch geworden
Mit dem Wechsel ins Berner Oberland schrumpfte die ehemalige Grossfamilie auf einen Zwei-Personen-Haushalt. Darum zog das Ehepaar vom grossen Pfarrhaus in eine Zweizimmerwohnung. Im Pfarrhaus lebt nun die Grossfamilie des Heilsarmee-Offiziers. Elisabeth Trachsel arbeitet nicht mehr als Katechetin, sondern als Kindergärtnerin. «Obwohl wir mit guten Freunden aus beiden Thurgauer Gemeinden verbunden blieben, sind wir im Berner Oberland heimisch geworden und bleiben hier auch nach unserer Pensionierung.»
(Esther Simon)
Noch eine grosse Liebe