Nobelpreis – ein Stück Thurgau
«Ich bin vor Freude in die Luft gesprungen, als ich gehört habe, dass Doktor Mukwege den Friedensnobelpreis bekommen hat», sagt Vreni Rutishauser. Die Egnacherin gründete den deutschsprachigen Zweig der Entwicklungshilfeorganisation «Food for the Hungry FH Schweiz». Jetzt setzt sie sich für Vergewaltigungsopfer im Kongo ein. Indirekt, aber gezielt. Rutishauser erzählt, wie sie dazu kam.
Hilfe für 40 Mädchen
Ihr Kollege und FH Schweiz-Mitarbeiter Roger Zürcher wurde im Januar 2017 von Sakumi Tekimu, FH-Mitarbeiter der Sektion Kongo, dringend um Hilfe gebeten. Es ging um 40 Mädchen im Alter von acht Monaten bis zwölf Jahren aus der Region Kavumu, die vergewaltigt worden waren. Die Organisation FH Schweiz gründete daraufhin das Projekt «SOS Kavumu». Es arbeitet in direktem Kontakt mit dem kongolesischen Gynäkologen Doktor Denis Mukwege zusammen.
Kriegsverbrechen und Irrglaube
«Mukwege ist bekannt als der Mann, der die Frauen flickt. So hässlich das klingt, es trifft zu», sagt Rutishauser. Am Panzi-Spital in der Demokratischen Republik Kongo operiert der Spitalgründer und Christ Frauen und Mädchen, die auf grausamste Weise missbraucht und im Genitalbereich verletzt und verstümmelt wurden. Sie sind Opfer systematischer Kriegshandlungen, aber auch vom von Animismus geprägten Glauben, wonach einem Mann umso mehr Weisheit und Erfolg beschieden sind, je jünger das Mädchen bei seiner Entjungferung ist. Gegen 50‘000 Frauen und Mädchen haben Mukwege und sein Team schon behandelt. So auch die Mädchen von Kavumu.
Hoffnung entfacht
Tekimu und Mukwege sorgen sich auch um die Zukunft vergewaltigter Mädchen. Denn sie werden sozial stigmatisiert und oft von der eigenen Familie verstossen. Manchmal kümmern sich auch Ersatzeltern, die selbst zu den Ärmsten gehören, um sie. «SOS Kavamu» will psychologische und soziale Hilfe bei der Reintegration in die Gesellschaft bieten. Der Aufbau einer Kaninchenzucht soll helfen, eine Existenz zu ermöglichen. Die Bemühungen gelten aber auch der Prävention durch Aufklärung und bauliche Vorrichtungen, um den Zugang zu den Hütten verriegeln zu können. Für Vreni Rutishauser entfacht die Verleihung des Friedensnobelpreises zusätzliche Hoffnung: «Es wäre schön, wenn dadurch auch ‹SOS Kavumu› bekannter wird und viele christliche Herzen berührt.»
(23. November 2018, Brunhilde Bergmann)
Nobelpreis – ein Stück Thurgau