«Nehmt den Politikern die Waffen weg»
«Die schrecklichen Kriege, die Massaker, der Hunger, der Raubbau an der Natur – die Menschen merken, so kann es nicht mehr weitergehen», sagt Arne Engeli. Er steht am Ostermontag zwischen Hunderten Menschen auf dem Symphonikerplatz in Bregenz, rundherum schwenken die Ostermarschierer ihre Friedensfahnen, die Transparente und Plakate: «Mit Pauken und Trompeten gegen Drohnen und Raketen», «Keine Panzer an die Saudis», «Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten».
Die Atmosphäre ist friedlich, es fällt kein böses Wort. Dieses Gemeinschaftsgefühl, sagt Arne Engeli, spiele eine grosse Rolle: «Ich glaube, es ist für die Menschen hier auch eine Gelegenheit, sich gegenseitig Mut zuzusprechen, zu zeigen, wir bleiben dran, wir geben nicht auf, wir glauben daran, dass eine andere Welt möglich ist.»
Auf der Bühne macht die Präsidentin des Internationalen Versöhnungsbunds den Ostermarschierern Mut. Davorka Lovrekovic erinnert daran, was die Friedensbewegung alles schon – zumindest mit- – erreicht hat: die Verbote von biologischen und chemischen Waffen, und das Verbot von Landminen. Jetzt müsse die neueste Waffe aus den Arsenalen verbannt werden: die unbemannte Kampfdrohne.
Auch an solchen Kriegsmaschinen wird in einigen der gut zwei Dutzend Rüstungsbetriebe rund um den Bodensee gearbeitet. Der Kampf für ein Verbot von Drohnen, sagt Davorka Lovrekovic, sei ein «konkreter Schritt auf dem Weg zur Ächtung des Krieges» und dem Ziel, «den Politikern und Militärs die Waffen aus den Händen zu nehmen». Und das sei gar kein so illusorischer Schritt. Die bereits erreichten Verbote verschiedener Waffengattungen zeigten es schliesslich: «Die Friedensbewegung steht mit ihren Forderungen in der Mitte der Gesellschaft!»
Im Publikum sind Schweizer, Österreicher und Deutsche, Junge, Alte, Familien. Viele sind mit den Velos gekommen, ein paar schieben Kinderwagen. Auf dem Bregenzer Symphonikerplatz sieht es fast so aus wie in der «Mitte der Gesellschaft», allein, es fehlen die Anzugträger, die Politiker, die Firmenbosse.
Waffenexporte rächen sich
Der Göttinger Friedenspreisträger Peter Zumach steigt im gelben Wollpullover und mit roter Mütze auf die Bühne. Auch er geisselt die Waffenexporte: «Statt in Krisengebieten demokratische Kräfte zu unterstützen, haben wir Diktaturen unterstützt und die Konflikte damit nur aufgeheizt», sagt Zumach. «Das rächt sich jetzt bitter, gerade im Nahen Osten und in Nordafrika; heute erleben wir, dass diese Waffen benutzt werden.» Unter anderem im sogenannten Krieg gegen den Terror.
Zumach gilt als einer der profiliertesten deutschen Publizisten zu Sicherheits- und Menschenrechtsfragen. Vom Schweizer Sitz der Vereinten Nationen in Genf aus verfolgt er die Weltpolitik und berichtet unter anderem für die linksalternative deutsche Zeitung «taz». In Bregenz ist er am Ostermontag der Hauptredner und der «Krieg gegen den Terror» ist eines seiner Hauptthemen.
Nährboden für Gewalt
«Völlig gescheitert» sei dieser von den USA ausgerufene Feldzug, sagt Zumach. Vor allem seien Tausende unschuldige Menschen umgekommen. Daneben sei «neuer Hass» gesät worden, ein Nährboden geradezu für aktuelle Terrorphänomene wie den «Islamischen Staat». Auch diese Milizen seien nicht durch einen «Krieg gegen den Terror» zu besiegen.
Eindämmen könne man diese Gewalt nur, indem man den Menschen, die in den betroffenen Regionen oft in prekären Verhältnissen lebten, eine positive Lebensperspektive gebe, sagt Zumach. Indem man helfe, in diesen Ländern Stabilität und Demokratie zu schaffen. Dann werde auch der Dschihad an Attraktivität verlieren. Dann, wenn auch dort «eine andere Welt» eine Chance bekomme.
Für diese Chance versammeln sich die Teilnehmer des Friedenswegs am Nachmittag zu einem gemeinsamen Friedensgebet. Zu einem interreligiösen. Nicht zuletzt, um für die Möglichkeit einer «anderen Welt» zu beten, in der auch religiöser Wahn und Hass keinen Platz mehr hat.
Nächster Ostermarsch: 28. März 2016
Text und Fotos: Wolfgang Frey, Bregenz – Kirchenbote SG, Mai 2015
«Nehmt den Politikern die Waffen weg»