«Mit Händen die Welt begreifen»
Die Arbeitsgruppe «Schöpfungszeit» hat die Sulger Psychomotoriktherapeutin Béatrice Buschor zu einem Referat zum Thema «Die Bedeutung der taktilen Wahrnehmung bei Kindern» eingeladen. Der Vortrag beginnt um 12.15 Uhr.
Frau Buschor, welche Bedeutung hat der Tastsinn für die Entwicklung im Kindesalter?
Béatrice Buschor: Bereits in der Embryonalentwicklung spielt der Tastsinn eine grosse Rolle. Die sensomotorischen Erfahrungen aus dieser Zeit bilden die Basis für spätere Lern- und Lebenserfahrungen. Für das Neugeborene sind Berührungen Lebenselixier. Bald unternimmt das Kind tastende Entdeckungstouren, die von hoher Bedeutung sind für seine körperlich-seelisch- geistige Entwicklung. Erst mit dem Mund, später mit den Händen, erforscht es die Umgebung. Dabei entstehen im Gehirn laufend neue Verbindungen. Über das Greifen und Hantieren lernt der junge Mensch die Welt zu begreifen.
Man könnte vermuten, der Tastsinn habe im modernen, eher kopflastigen Leben, an Bedeutung verloren, trifft das zu?
Sowohl damals wie heute führte und führt der Tastsinn auf je eine andere Art oft ein Stiefkinderdasein: Aus früheren Zeiten fallen mir dazu bei uns zum Beispiel die Kinderarbeit, Tatzen, Prügelstrafen, die engen Korsetts oder im alten China die eingebundenen Füsse ein. Heute, in der schnelllebigen, sehr medienorientierten und eher kopflastigen Zeit, wird ihm oft erst wieder Beachtung in schwierigen Situationen geschenkt. Naturverbundene Menschen und Kulturen pflegen den Tastsinn meist bewusster.
Impulstag und ökumenischer Gottesdienst zur «Schöpfungszeit » 2018 «Taste, fühle, begreife» findet am Sonntag, 2. September von 10.15 Uhr bis 14 Uhr in der katholischen Kirche in Romanshorn statt.
(26. August 2018, Ernst Ritzi)
«Mit Händen die Welt begreifen»