News aus dem Thurgau

Mit Fussball Kindern geholfen

von Martina Seger-Bertschi
min
28.09.2024
Kambodscha. Fussball. Gott: Diese Stichworte beschreiben das Leben von Samuel Schweingruber. Er ist im Thurgau aufgewachsen, nach dem Lehrerseminar ins Ausland gereist, Fussballpionier in Kambodscha geworden und seit sechs Jahren wieder wohnhaft im Thurgau.

«Du kannst irgendwo mit irgendetwas Fussball spielen und Spass miteinander haben. Es braucht nicht einmal einen Ball, es geht auch mit einer Blechdose. Für das Tor genügen zum Beispiel zwei Blätter», antwortet Sam Schweingruber auf die Frage, was ihn am Fussballspielen fasziniert. Seine Begeisterung, seine Überzeugung und nicht zuletzt seine Erfahrung sind hörbar.

Der Traum vom Fussballprofi

Als Kind hatte er einen Traum. «Ich wollte Profifussballer werden», sagt Sam Schweingruber und lacht. Er wuchs in der Nähe eines Fussballplatzes auf und seine Schulkameraden waren im Fussballverein. Dort wollte er auch dabei sein. Seine Eltern jedoch hatten Bedenken. Aber er liess nicht locker, und mit rund dreizehn Jahren trat er dem FC Pfyn bei. Und liebte es.

«Bald war ich Assistenztrainer und mein sieben Jahre jüngerer Bruder gehörte auch zu den Schützlingen», erinnert sich Sam Schweingruber. «Ich habe natürlich schon gemerkt, dass ich für eine Profifussball-Karriere zu wenig gut spiele.» Dennoch blieb er beim Fussball, spielte bis zur dritten Liga und war Trainer.

In seinem Elternhaus und in der Jungschar bekam er einiges vom christlichen Glauben mit. Nach seiner Konfirmation kehrte er der Kirche und Gott den Rücken. Für ihn sei klar gewesen, dass es einen Gott gebe. Aber der habe nichts mit ihm zu tun, fasst er rückblickend zusammen.

Unterwegs sein mit Gott

Aufgrund eines Erlebnisses mit einem Freund, der ihn an einen Glaubenskurs mitgenommen hatte, nahm Sam Schweingruber im Lehrerseminar den Kontakt mit Gott wieder auf. Mit dem Lehrerdiplom in der Tasche und nach einem halben Jahr des Unterrichtens reiste er im Dezember 2000 nach Hawaii, um dort ein Jüngerschaftstraining zu absolvieren. Er wollte mit Gott unterwegs sein, Kindern helfen und etwas von der Welt sehen.

Im Jahr 2002 begleitete er eine Gruppe nach Kambodscha für einen Einsatz innerhalb des Jüngerschaftstrainings. Er reiste aber nicht mit der Gruppe zurück, sondern baute in Kambodscha ein Jüngerschaftstraining auf. Damals war er 24 Jahre alt.

Zurück zum Fussball

Der Fussball kam zurück in sein Leben: Die Kinder in Kambodscha wollten mit ihm Fussball spielen. Sam Schweingruber machte gerne mit und wurde als Profispieler engagiert. Er sah das Leid der Strassenkinder. Ebenso sah er, dass viele Mädchen von ihren Familien zum Geldverdienen nach Thailand geschickt wurden und dort in Bordellen landeten.

All diese Faktoren, kombiniert mit seiner Leidenschaft für den Fussball und seinem Know-how, führten ihn dazu, in Kambodscha den Frauen-Fussball aufzubauen. Er gründete und leitete eine Fussballtraining-Schule, die SALT Academy, und war Trainer.

Korruption bekämpfen

Als er auf Korruption stiess, war sein zweiter Lebenstraum geboren: «Ich wollte diese Korruption aufdecken und zerschlagen», erzählt Sam Schweingruber. «Trotz vieler Beweise und viel Arbeit ist mir das leider nicht gelungen.»

Er bekam Drohungen, und nachdem seine Mannschaft erneut den Meistertitel geholt hatte, hatte er auf dem Heimweg mit seinem Motorrad einen Unfall. Wahrscheinlich versuchter Mord. Sieben Wochen lag er im Koma. Er wurde in die Schweiz transportiert. Sein Arzt sprach von einem Wunder, dass er noch am Leben sei.

In der Rehaklinik in Zihlschlacht lernte er wieder zu gehen, die Sprache war noch da. Ein paar Monate nach dem Unfall reiste er bereits wieder nach Kambodscha. Das war im Frühling 2016.

Etwas bewirken

Nach zwei Jahren kehrte er in die Schweiz zurück, diesmal mit seinem Sohn. Heute, mit 45 Jahren, lebt er in Wängi – zusammen mit seinem Sohn, seiner Frau und mit Pflegekindern.

Bis vor kurzem noch als Jugendarbeiter in der evangelischen Kirchgemeinde Wängi aktiv gewesen, arbeitet er ab dem neuen Schuljahr wieder zu 100 Prozent als Lehrer. Ausserdem wird er nach wie vor als Fussballtrainer für Kinder und Jugendliche aktiv sein. Zudem hält er ab und zu Referate, wie im Juni dieses Jahres in der Pfarrei in Romanshorn.

Was motiviert ihn dazu? «Ich möchte dazu beitragen, dass die Menschen über ihren eigenen Tellerrand schauen, und ihnen zugleich sagen, dass sie auch hier in der Schweiz einen Unterschied machen können – wenn sie denn ihre Komfortzone verlassen.» Ähnlich wie es schon der amerikanische Präsident Theodore Roosevelt (1858–1919) gesagt hat: «Tu, was du kannst, mit dem, was du hast, dort, wo du bist.»

 

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