News aus dem Thurgau

Kirchliche Popularmusik mausert sich

von Roman Salzmann
min
27.01.2025
Kirchenmusik wandelt sich. Doch eines bleibt: Die Feierkultur in der Kirche. Was junge Menschen aus Kirchgemeinden dazu beitragen können und warum sich populäre Kirchenmusik immer mehr etabliert und professionalisiert, erklären Andreas Hausammann, Aline Pfister und Raphael Müller.

Zähflüssig klimpern auf dem Harmonium, zaghaft zupfen auf der alten Gitarre oder zurückhaltend singen im Ad-hoc-Gesangsgrüppli war einmal: Die neuen Kirchenmusikerinnen und -musiker wollen musikalisch aus dem Vollen schöpfen. Ob Laien oder Profis - sie geben ihr Bestes und können sich weiterentwickeln. Aline Pfister aus Wil besucht deshalb gegenwärtig an der evangelischen Kirchenmusikschule in St.Gallen den Studiengang für kirchliche Popularmusik, den Raphael Müller aus Bolthausen am Fusse des Ottobergs, das zur Gemeinde Märstetten gehört, bereits absolviert hat.

Verantwortlich für die Leitung zeichnet der Bischofszeller Andreas Hausammann, der überzeugt ist, dass sich klassische und populäre Kirchenmusik «absolut ergänzen». Der Studiengang für populäre Kirchenmusik könne berufsbegleitend absolviert werden. Die Kursteilnehmenden würden mit einem vielseitigen Fächerangebot über zwei Jahre hinweg jeweils an einem Tag der Woche befähigt, «qualifiziert und selbstbewusst in einer Kirchgemeinde Popularmusik zu machen».

Andere anleiten

Aline Pfister arbeitet als Sozialpädagogin in einer Kinder- und Jugendwohngruppe und fand Freude an der Kirchenmusik: «Das hat mit der allgemeinen Begeisterung für Musik zu tun, und weil ich gerne meinen Glauben mit einer meiner grössten Leidenschaften - dem Musikmachen verbinde.» Schliesslich landete sie in der Evangelischen Kirchgemeinde Wil einer Jugendband und coachte mehrfach die Konfirmationsband. Dadurch sei ihr bewusst geworden, dass «es mir sehr viel Freude bereitet, andere beim Musizieren anzuleiten oder selbst Musik in der Kirche zu machen». So sei es Schritt für Schritt weitergegangen, bis sie schliesslich als populäre Kirchenmusikerin in der Evangelischen Kirchgemeinde Neukirch an der Thur angestellt wurde.

Infoabend Kirchenmusikschule St. Gallen

Mittwoch, 26. Februar 2025, 19.30 Uhr, im Musiksaal (Klosterhof 6b). Mehr Infos: www.kirchenmusik-sg.ch/studiengaenge


Komfortzone verlassen

Sie schätze es sehr, im Studiengang die verschiedensten Aspekte der Kirchenmusik auszuprobieren und kennenzulernen. «Dabei verlässt man auch mal seine Komfortzone, aber genau das bringt einen weiter, da es in einem geschützten Umfeld geschieht und man aus seinen Fehlern lernen kann.» Das Studium sei «eine tolle Zwischenlösung für diejenigen, die kein Vollzeitstudium in Musik absolvieren können oder möchten». «Die Ausbildung hat mich weitergebracht und sehr inspiriert», sagt denn auch Raphael Müller, der in der Evangelischen Kirchgemeinde Neukirch an der Thur wichtige erste Schritte machen durfte.

Gut vorbereiten

Was aber ist in der Kirchgemeinde für einen Einsatz besonders wichtig? Pfister betont: «Eine gute Vorbereitung ist die halbe Miete.» Die Wahl der Lieder sei zudem eine äusserst anspruchsvolle Angelegenheit, weil der Gesang zur Gemeinde passen müsse. Gut gemachte Kirchenmusik schaffe «eine zusätzliche Möglichkeit Gott zu begegnen, und berührt oft direkt die Emotionen», sagt Pfister. Müller sieht das ähnlich: «Ich glaube, dass Musik ein Mittel sein kann, um Gott zu spüren.»

Bewegende Momente

Musik hat Raphael Müller «schon immer berührt und sich zu einer Leidenschaft entwickelt. Wenn ich im Informatikstudium mal frustriert war, ‹drohte› ich meinen Mitstudenten jeweils damit, mich nun definitiv für ein Musikstudium anzumelden.» Er lässt sich gerne herausfordern, «spannungsvolle Harmonien und interessante Rhythmen so zu verpacken, dass sie für Zuhörende vertraut klingen und sich die Gemeinde beim Mitsingen sicher fühlt.» Besonders bewegen ihn «Momente der Verbundenheit, wenn Musizierende spontan dieselbe Idee teilen». Doch Müller ist sich auch bewusst: «Der Grat zwischen Dienen und Selbstdarstellung ist gar nicht so breit. Ich wünsche mir, dass ich nie vergesse, wofür wir in der Kirche eigentlich musizieren.»

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