Jemand ist immer da
Tagtäglich geraten Menschen unvorhersehbar in grosse seelische Not, sei es bei einem Verkehrs- oder Arbeitsunfall, wenn eine nahestehende Person verstirbt oder das Haus abbrennt. «Menschen reagieren verschieden bei traumatisierenden Ereignissen», sagt Beat Heuberger, medizinischer Leiter des Care Teams Thurgau. «Wichtig ist, dass Menschen in einer Notsituation aufgefangen werden, wir ihnen Sicherheit geben. Wir begleiten, beraten, vermitteln und unterstützen.» Sonja Hiltebrand, operative Leiterin des Care Teams ergänzt: «Wir bieten Hilfe zur Selbsthilfe.»
38 Freiwillige stehen im Einsatz
Seit Juli 2016 teilen sich Beat Heuberger und Sonja Hiltebrand die Leitung des Care Teams Thurgau, einer Organisation von ehrenamtlichen Helfern, die bei aussergewöhnlichen Ereignissen von der Notfallzentrale 144 aufgeboten wird. «2017 leisteten wir rund 80 Einsätze, 2018 waren wir bei 63 Vorfällen vor Ort. Das Care Team Thurgau ist dem kantonalen Gesundheitsamt unterstellt, und unsere Partner sind Polizei, Rettungswesen, Zivilschutz und Feuerwehr», erklärt Sonja Hiltebrand. «Rund um die Uhr und während 365 Tagen im Jahr stehen abwechselnd immer fünf Personen vom Care Team Thurgau im Pikettdienst: Zwei für die Region West, zwei für die Region Ost und eine Person als Einsatzleiter. Insgesamt engagieren sich derzeit 38 ehrenamtliche Mitarbeitende im Care Team Thurgau. «Es wäre schön, wenn wir 50 Mitglieder für diese sinnvolle und befriedigende Arbeit einsetzen könnten», so Sonja Hiltebrand. Sie hofft, dass sie die Lücken, die durch natürliche Fluktuationen (Alter, Wegzug) entstanden sind, bald wieder füllen kann. «Wir suchen Fachpersonen der Seelsorge und solche, die durch ihre Tätigkeiten und Lebenserfahrung grosse soziale Kompetenzen erworben haben», beschreibt Sonja Hiltebrand das Anforderungsprofil.
Rasch in den Alltag zurück
Das Care Team Thurgau leistet seit 2006 psychologische Notfallhilfe und kommt auch bei Grossereignissen zum Einsatz. In der Broschüre des Care Teams wird das Vorgehen wie folgt beschrieben: «Wir unterstützen Betroffene und deren Angehörige sowie Einsatzkräfte in ihren Bewältigungsstrategien, damit sie möglichst bald wieder in den Alltag zurückkehren können. Wir informieren über Reaktionen auf aussergewöhnliche Stresssituationen sowie Spätfolgen und deren Verhinderung und vermitteln allenfalls notwendige Nachbetreuung. » Seit Beginn der seelsorglichen Notfallbetreuung sind die beiden Landeskirchen wichtige Partner. Es gibt Kirchgemeinden, die ihren Seelsorgenden nach Einsätzen für das Care Team eine Zeitkompensation ermöglichen. Die Mitarbeitenden des Care Teams üben ihre Tätigkeit unter Beachtung der konfessionellen und politischen Neutralität aus.
Herausfordernd und lehrreich
«Früher, das heisst vor dem Bestehen der organisierten Nothilfe, erfolgte die Betreuung und Begleitung von Betroffenen in aussergewöhnlichen Belastungssituationen häufig zufällig durch Beizug von Seelsorgern, Hausärzten oder Mitarbeitenden der Gemeinde. Ein eigentliches notfallpsychologisches Konzept und entsprechende Ausbildung fehlten», weiss Beat Heuberger. Im Rahmen einer heute standardisierten Ausbildung, kontinuierlichen Fortbildungen und Supervisionen könne eine gute Qualität in der notfallpsychologischen Arbeit aufgebaut und erhalten werden. «Die Arbeit im Care Team wird von vielen Mitarbeitenden als herausfordernd und lehrreich erlebt », betont Sonja Hiltebrand.
Weitere Infos zum Care Team: www.144.tg.ch
(23. Mai 2019, Barbara Hettich)
Jemand ist immer da