News aus dem Thurgau

Ist der Preis an Leben zu verantworten?

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22.02.2023
Als Russland die Ukraine überfiel, war Walter Ludin im Kapuzinerkloster Luzern. Er dachte, ein Krieg so nahe an Europa gebe es doch nicht.

Als Bruder eines weltweiten Ordens habe ich einen weiten Blick. Unser Mitbruder Paul Hinder, Bischof im Jemen, berichtete über den brutalen Krieg, der dort tobt. Ich selbst erlebte in den 80er-Jahren den Bürgerkrieg in Guatemala. Deshalb stellt der Krieg in der Ukraine keine Zeitenwende dar, der Krieg ist lediglich näher als jener in Afghanistan, dem Irak oder in Syrien.

Die Friedensbewegung hoffte, man könne mit friedlichen Mitteln die Konflikte lösen. Viele Linke und Grüne suchen jetzt das Heil in Panzern und Artillerie. Auch die Kirche hat den Begriff des gerechten Krieges aus der historischen Mottenkiste geholt. Aufgabe der Kirchen sollte es sein, die Regierenden unter Druck zu setzen, sodass sie bereit sind, Verhandlungen aufzunehmen. Da hat die Orthodoxe Kirche versagt.

Gewalt erzeugt Gewalt
Doch Gewalt erzeugt Gewalt. In der Ukraine gibt es Tausende Tote unter der Zivilbevölkerung und den Soldaten. 18 Millionen Menschen mussten flüchten. Unermesslich ist der materielle Schaden. Da fragt man sich schon: Ist ein solcher Preis an Menschenleben und Geld zu verantworten? Zumal der Verzicht auf bewaffneten Widerstand keineswegs Untätigkeit bedeutet.

Die Kapuziner berufen sich auf die franziskanische Tradition der Friedensmission. Sie beginnt mit dem Abbau der Feindbilder. 1219 rief der Papst zum Kreuzzug und zum Hass gegen den Islam auf. Der heilige Franziskus weigerte sich und besuchte den Sultan von Ägypten, der ihn freundlich empfing. Franziskus konnte leider den Kreuzzeug nicht verhindern. Später verweigerten franziskanische Mönche das Tragen von Waffen. Das führte dazu, dass die verfeindeten Kleinstaaten in Italien nicht mehr in den Krieg zogen. Es fehlten die Soldaten.

Weniger Opfer
Statistiken zeigen zudem, dass sich der gewaltfreie Widerstand lohnt. Englische Forscher haben weltweit 232 Konflikte untersucht. Die Hälfe der gewaltfreien Widerstände war erfolgreich, jedoch nur ein Viertel der bewaffneten Aufstände. Und ebenso wichtig: «Es gab bei Gewaltfreiheit insgesamt weniger Opfer. Die Konflikte dauerten weniger lang. Sie führten langfristig zu friedlichen und freiheitlichen Verhältnissen.»

Selbstverständlich muss das ukrainische Volk entscheiden, wie es weiterhin seine Unabhängigkeit verteidigen will. Ich hoffe, dass irgendwann die Vernunft regiert und das Umfeld um Putin rebelliert, bevor alles zerstört ist. Mit mehr Panzern finden wir nicht mehr aus dieser Sackgasse heraus.

Aufgezeichnet von Tilmann Zuber, kirchenbote-online

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