Initiative schiesst über Ziel hinaus
Die Konzernverantwortungsinitiative (KVI) habe ich unterschrieben. Klar müssen kleine Handwerksbetriebe und mächtige Weltkonzerne, staatliche und gemeinnützige Institutionen die Menschrechte einhalten. Wer sie missachtet, soll dafür geradestehen. Aber ist damit auch gleich der Automatismus «Menschenrechte nicht einhalten = kein Segen» oder gar der Umkehrschluss «Menschenrechte einhalten = Segen» gegeben? Ich bezweifle, dass die Welt so simpel funktioniert, auch wenn ich mir wünschte, dass die Gleichung stimmt. Es liegt nicht an uns zu bestimmen, wo Segen zu sein hat.
Ich werde die KVI ablehnen. Leider hat es das Parlament verpasst, der Initiative die radikalen Spitzen zu nehmen. Dass Unternehmen Sorgfaltspflichten einhalten müssen, ist richtig. Dass sie für «kontrollierte Unternehmen» (zum Beispiel Tochterfirmen) haften, ist sinnvoll. Dass sich die Haftung aber «auf sämtliche Geschäftsbereiche» beziehen soll, auf unter Umständen Hunderte von Zulieferfirmen, schiesst über das wertvolle Ziel hinaus. Diese Aufsicht über Zulieferfirmen ist selbst bei bester Absicht kaum machbar. Auch die Beweislastumkehr ist höchst problematisch: Wie sollen Unternehmen beweisen können, dass sie «alle Sorgfalt» angewendet haben?
Was heisst «alle Sorgfalt»? Wann besteht Rechtssicherheit, alles getan zu haben? Schwer erträglich ist die kirchliche Stimmungsmache, das undifferenzierte «Konzernbashing». Die Kirchensteuern solcher juristischer Personen nehmen wir im Thurgau gerne, im Gottesdienst aber wird mit der ungenauen Schrotflinte gegen sie geschossen.
Initiative schiesst über Ziel hinaus