«Ich bin die Ökumene»
Als Pfarrerin frisch ab Presse kam Anita Kohler 2005 von Solothurn in den Thurgau und trat 2005 ihre erste Pfarrstelle in Münchwilen an. «Ich hätte mir keine bessere Gemeinde für meinen Berufseinstieg wünschen können», erinnert sich Anita Kohler gerne an ihre Zeit in Münchwilen. Sie habe sich extrem wohl gefühlt dank der sensationell guten Zusammenarbeit mit ihrem Pfarrkollegen aus Eschlikon und der Kirchenvorsteherschaft. «Wir waren ein Dream-Team, und ich pflege heute noch den Kontakt.» Etwas unheimlich sei ihr das grosse Pfarrhaus in Erinnerung geblieben, in dem sie alleine lebte und das so riesig war, dass sogar ihre Schuhe ein eigenes Zimmer bekamen.
Während ihres Studiums hat Anita Kohler ein Praktikum im reformierten Gehörlosenpfarramt Nordwestschweiz (Baselstadt, Basel- Landschaft, Solothurn) absolviert. Diese Arbeit habe ihr zugesagt und sie deponierte dort ihren Wunsch: «Wenn diese Stelle frei wird, dann will ich die.» Die Frühpensionierung des damaligen Stelleninhabers war denn auch der Grund, warum sich Anita Kohler nach nur zwei Jahren wieder von Münchwilen verabschiedet hat – mit mehr als einem weinenden Auge. Bereut hat sie ihren Entscheid nicht. Sie arbeitet nun im Wanderpfarramt und kümmert sich um Gehörlose und Schwerhörige in neun Gemeinden. Ihre Gottesdienste übersetzt sie in die Gebärdensprache. «Ich bin zwar mit einem stark schwerhörigen Vater aufgewachsen, aber die Gebärdensprache habe ich erst in Kursen noch während meiner Zeit in Münchwilen gelernt.»
Anita Kohler hat ihren Traumjob gefunden. Allerdings wurde in den vergangenen Jahren ihre Stelle zusammengekürzt. «Die Kirchen müssen sparen», erklärt sie den Grund. Mittlerweile arbeitet sie deshalb nun auch für die Katholiken in der Gehörlosenseelsorge des Kantons Aargau. «Ich bin hier die Ökumene», lacht sie. «Professionalität kommt vor Konfession, wurde mir beim Einstellungsgespräch von der Verantwortlichen der Katholischen Landeskirche Aargau erklärt, und das hat mich beeindruckt. » Als wäre dies nicht genug – Anita Kohler ist zudem noch in der Gefängnisseelsorge des Kantons Solothurn tätig. «Ich bin ein Mensch, der mit Inbrunst seinen Job liebt», sagt die engagierte Pfarrerin. Was sie aus einem Coaching im Thurgau für ihr Lebensamt mitgenommen hat: Um die Freude am Job zu erhalten, braucht eine Pfarrerin Supervision, eine Putzhilfe und viel Humor.
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(Barbara Hettich)
«Ich bin die Ökumene»