Hoffnungsschimmer trotz Teufelskreis
«Ich nehme die Situation zwischen Israel und Palästina als Teufelskreis wahr», sagt Carmen Haag. Die ehemalige Thurgauer Regierungsrätin ist im April 2023 erstmals im Rahmen ihrer neuen Tätigkeit für das Schweizerischen Hilfskorps nach Israel und Palästina gereist. Kurz vor dem anstehenden 75-Jahr-Jubiläum der israelischen Staatsgründung am 15. Mai 2023 ist sie dabei mit Menschen aus beiden Lagern in Kontakt gekommen.
«Die Palästinenser fühlen sich in ihrem eigenen Land sehr nachteilig behandelt und immer weiter eingeschränkt. Ich bin beeindruckt, wie die meisten dennoch ihre Herzlichkeit und Fröhlichkeit behalten. Die Israelis ihrerseits sehen sich immer wieder konfrontiert mit Raketenangriffen, gerade kürzlich aus dem Gaza-Streifen und aus dem Libanon. Eine entsprechend hohe Bedeutung haben der ganze Sicherheitsapparat und die Landesverteidigung für sie.»
Leider habe der palästinensisch- israelische Konflikt eine sehr lange Geschichte und sei so komplex, dass man in dessen Angesicht sehr demütig werde, sagt Carmen Haag. Das Schweizerische Hilfskorps versuche mit Projekten und guten Kontakten – sowohl zum israelischen Staat wie auch zu den palästinensischen Behörden – das Leben der palästinensischen Bevölkerung etwas zu verbessern.
Keine unmittelbare Besserung in Sicht
Die 80-jährige Ruth Etter engagiert sich von der Schweiz aus für die Rechte der Palästinenserinnen und Palästinenser. Bei einer öffentlichen Vorlesung an der Universität Zürich vor zehn Jahren sei sie für deren Anliegen sensibilisiert worden, sagt die Sulgerin. Seither habe sie sich immer wieder an Mahnwachen in Zürich beteiligt (siehe Bild unten): «Uns ist es ein Anliegen, dass die Palästinenser über sich selbst bestimmen können. Hier in der Schweiz rufen wir unter anderem dazu auf, dass mit den von Israel besetzten Siedlungsgebieten keine geschäftlichen Beziehungen betrieben werden.»
Die pensionierte Gewerbeschullehrerin bezweifelt indes, dass sich die Situation für die Palästinenser in nächster Zeit verbessern wird – «zumindest nicht, solange die israelische Regierung um Premierminister Benjamin Netanjahu an der Macht ist».
Zeichen der Hoffnung gesetzt
Markus Keller, Pfarrer in der Evangelischen Kirchgemeinde Amriswil-Sommeri, ist Anfang Frühling zusammen mit 28 Gemeindemitgliedern nach Israel gereist. Vom anstehenden Staatsjubiläum sei praktisch nichts spürbar gewesen. «Das liegt wohl daran, dass es genug andere Themen gibt, die brennen», vermutet er. So hätten während ihrer Israel-Reise Tausende Menschen gegen die von der Regierung forcierte Justizreform demonstriert.
Besonders in Erinnerung bleibe ihm die Teilnahme an der Palmsonntagprozession: «Tausende Christen aus Dutzenden Kulturen vereinten sich und nahmen den Weg unter die Füsse, den Jesus damals beim Einzug in Jerusalem ging. Der Ausgangspunkt liegt heute in palästinensischem Gebiet. Christen spielen in Israel eher eine untergeordnete Rolle. Doch mit diesem Fest setzten sie ein Zeichen der Freude und auch der Hoffnung.»
Hoffnungsschimmer trotz Teufelskreis