Göttlich oder nicht?
Seit dem Präsidentenwahlkampf in den USA im letzten Jahr werden in sozialen Medien vermehrt absichtliche Falschmeldungen verbreitet. Durch diese sogenannten Fake News sollen Journalisten zu falscher Berichterstattung verleitet werden. Journalisten brauchen darum einen wachen, kritischen Geist und ein Gespür, um richtige und falsche Nachrichten unterscheiden zu können. Genauso wichtig ist es für Christen, dass sie Gutes und Böses, Wahrheit und Lüge, Echtes und Unechtes voneinander unterscheiden können. So werden die Christen ermahnt: «Ihr Lieben, schenkt nicht jedem Geist Glauben, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind.» (1. Joh. 4,1)
Bewahren, nicht profilieren
Gemäss dem Neuen Testament gibt der auferstandene Christus darüber hinaus einzelnen Christen die Gabe der Geisterunterscheidung. Paulus schreibt: «Dem einen nämlich wird durch den Geist die Weisheitsrede gegeben, … einem anderen prophetische Rede und noch einem anderen die Unterscheidung der Geister.» (1. Kor. 12,8-11) Im griechischen Urtext steht hier das Wort «Pneuma», was eigentlich «Luftstrom, Atem» bedeutet. Es wird verwendet für den Geist Gottes, den Geist Christi, aber auch für Geistwesen wie Engel und Dä- monen. Die Geistesgabe der Unterscheidung ist die Fähigkeit, göttliche, menschliche oder widergöttliche Mächte zu unterscheiden oder zu erkennen. Gott gibt diese Gabe, um seine Gemeinde zu fördern, sie vor Irreführung zu bewahren und um einzelnen Menschen zu helfen. Die Gabe ist ein von Gott geschenktes Werkzeug, nicht aber ein Mittel für Leute, die sich profilieren und von anderen abheben wollen. Der rechte Gebrauch dieser Geistesgabe erfordert viel Mut, Demut und Liebe.
Dämonisch inspiriert
In der Bibel finden wir viele Beispiele, die uns zeigen, wie die Gabe der Geisterunterscheidung eingesetzt wurde. In der Zeit des Alten Testaments war die Gabe der Geisterunterscheidung nötig, um wahre und falsche Propheten zu erkennen. Jesus unterscheidet die Geister, indem er fromm klingende Aussagen wie «Du bist der Heilige Gottes» als dämonisch inspiriert entlarvt. Er lässt sich nach Matthäus 16 auch nicht täuschen durch Petrus, der Jesus davon abhalten will, nach Jerusalem zu gehen und sich dort töten zu lassen. Er sagt zu Petrus: «Nicht Göttliches, sondern Menschliches hast du im Sinn.» In der ersten Gemeinde, die nach Ostern entstanden ist, wirken einige Jünger in der Gabe der Geisterunterscheidung. Petrus durchschaut mit dieser Gabe das heuchlerische Tun von Ananias und Saphira (Apg. 5,3) und die Bosheit des Magiers Simon (Apg. 8).
Geistliche Wächter
Auch in der Kirchengeschichte gab es immer wieder Männer und Frauen, denen die Gabe der Geisterunterscheidung geschenkt war. Sie haben oft als geistliche Wächter in der Kirche gewirkt. Zur Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland waren es vor allem Christen der Bekennenden Kirche, die erkannt haben, dass im Nationalsozialismus ein dämonischer Geist am Werk war. In der Erklärung von Barmen hat die Bekennende Kirche 1934 klar Stellung bezogen für ein am Wort Gottes orientiertes Bekenntnis und gegen die Ideologie der «deutschen Christen». Auch in unserer Zeit gibt es geistige Strömungen und Lehren, welche die Kirche Christi schwächen und auf Abwege lenken. Die Kirche tut darum gut daran, wachsam zu sein und um den Heiligen Geist und seine Gaben zu bitten. Er leitet uns in die ganze Wahrheit und befähigt uns, in unserer Welt Zeugen seiner Liebe und seiner befreienden Wahrheit zu sein.
Ernst Gysel (31. Mai 2017)
Göttlich oder nicht?