News aus dem Thurgau

Glaube in schwierigen Zeiten

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27.10.2022
Auf der Flucht vor dem Krieg in ihrer Heimat sind viele Ukrainerinnen und Ukrainer in den Thurgau gekommen. Erste Kirchgemeinden haben deshalb Gottesdienste in ukrainischer Sprache eingeführt. Wie kommen sie an?

Mittlerweile gibt es sowohl in Münsterlingen als auch in Bischofszell Angebote für Ukrainerinnen und Ukrainer. In der katholischen Kirche in Münsterlingen werden bereits seit dem 21. April Gottesdienste unter Leitung des Priesters Ivan Machuzhak abgehalten. Auch in der Evangelischen Kirchgemeinde Bischofszell-Hauptwil ist man zu dem Entschluss gekommen, bis Ende des Jahres drei Gottesdienste mit den Themen «Glaube», «Hoffnung» und «Liebe» auf Ukrainisch zu veranstalten. Initiatorin war Salome Goldinger, da sie durch ihren Kontakt zu ukrainischen Flüchtlingen die Vision bekam, ukrainischsprachige Gottesdienste zu organisieren. Diakon Daniel Gerber begleitet das Projekt und gestaltete den ersten Gottesdienst, der Mitte September zum Thema der Kurzpredigt «Glaube in schwierigen Zeiten » stattfand, massgebend mit.

Gottes Wirken im Fokus
Während die katholischen Gottesdienste in Münsterlingen im klassischen byzantinischen Ritus abgehalten werden, war der erste Gottesdienst in Bischofszell mit Liedern, Predigt und anschliessenden ukrainischen Snacks und Gebackenem in eher evangelischer Tradition gestaltet. Salome Goldinger organisierte ausserdem zwei Übersetzerinnen und ein Ehepaar, das auf Ukrainisch sang. Das Essen wurde von den Ukrainern und Ukrainerinnen selbst hergestellt und mitgebracht. Der etwa 45-minütige Gottesdienst wurde somit zwar nicht auf orthodoxe Art gefeiert, wie es die Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung gewohnt ist, aber gemäss Daniel Gerber sei es wichtiger, Gottes Anwesenheit im Fokus zu haben und nicht die Liturgie. Auch der ukrainische Flüchtling M. P.* sagt, dass es ihn nicht gestört habe. Vielmehr habe er es als spannend empfunden, einen Gottesdienst mitzuerleben, der evangelisch und nicht wie üblich orthodox gehalten wurde.

«Eine grosse Seele»
M. P. erlebte ein fantastisches Ambiente und spürte durch das gemeinsame Singen eine Gemeinschaft, die er als «eine grosse Seele» beschreibt. Dem jungen Ukrainer gefielen vor allem die Musik, die moderne Inneneinrichtung der Kirche und die Konversationen beim anschliessenden gemeinsamen Essen. Auch die Moldawierin C. A.*, die ebenfalls aufgrund des Ukraine-Kriegs aus ihrem Heimatland geflüchtet ist, genoss den Lobpreis und die Gespräche nach dem Gottesdienst. Sie freute sich über die unterschiedlichen Leute, die gekommen waren, «um gemeinsam den gleichen Gott zu ehren und anzubeten».

Unterschiedliche Atmosphären
Andächtige Stille und schöne Aussenarchitektur sind die Merkmale, die M. P. von den Kirchen in der Ukraine gewohnt ist. Durch die ruhige Atmosphäre tauche man in eine friedliche Welt mit Ritualen ein, geprägt vom Heiligen Geist. Ganz im Gegenteil zu dem Gottesdienst, den er nun in Bischofszell erlebte, kommuniziere man nicht mit Fremden und anderen Besuchern, sondern verharre in einer melancholischen und friedlichen Stimmung. In Bischofszell begeistere ihn hingegen die Selbstverständlichkeit, auf andere Leute zuzugehen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Diese lebendige Atmosphäre sei eine gute Möglichkeit, neue Freunde und Bekanntschaften zu schliessen – wie möglicherweise am 18. November wieder, wenn der nächste ukrainischsprachige Gottesdienst in Bischofszell stattfindet.

*Namen der Redaktion bekannt

 

(Manuel Ditthardt)

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