Gewählt – ohne zu kandidieren
«Unsere Gesellschaft funktioniert nur, wenn Menschen bereit sind, Verantwortung zu übernehmen», sagt Marco Dübendorfer. Dazu gehört auch die Arbeit in Ehrenämtern: beispielsweise in der Ermatinger Primarschulschulpflege. Der ETH-Ingenieur und selbständige Unternehmer hatte nicht kandidiert und wurde trotzdem gewählt. Die Wahl hat er angenommen: «Es gab schlicht keine Alternativen, es war auch im zweiten Wahlgang weit und breit kein anderer Kandidat bekannt.» Die Leute hätten ihn gewählt, weil sie ihn von einer früheren Podiumsdiskussion kennten.
Alle haben gleichviel Zeit
Eigentlich habe er keine Zeit für dieses Amt, sagt Dübendorfer. «Aber in Wahrheit haben alle Menschen die gleichen 24 Stunden pro Tag zur Verfügung. Man muss sich nur entscheiden, wem man die Zeit schenken möchte», meint er lachend. Dübendorfer erklärt, dass es verantwortungslos wäre, ein Schulhausprojekt für 10 bis 20 Millionen zu planen, ohne dass jemand für die Finanzen verantwortlich sei. «Ich habe daher mit dem Schulpräsidenten besprochen, dass ich einfach die Zeit zur Verfügung stelle, die ich habe und mich dabei auf die wichtigsten Aufgaben fokussiere.» Dies sei besser, als das Ressort vakant zu lassen.
Als Vater von vier Kindern im Alter von 8 bis 18 Jahren möchte er zudem der Schule auch etwas zurückgeben. Nun balanciert er effizient zwischen Job, Kinderbetreuung und seinen anderen ehrenamtlichen Engagements. Neben beruflichen Abstrichen müsse er auch bei seinem Hobby zurückstecken. Doch spät abends, wenn die meisten schon schlafen, geht er seiner Leidenschaft, der Musik nach. Am Computer, still und leise, komponiert und produziert er, spielt die einzelnen Instrumentenstimmen ein, «bringt Stimmungen zu Ton» und tankt auf. Auf später muss er das Musizieren mit Freunden verschieben.
Kirchgemeinde lebt von Beziehungen
Nebst Amt, Arbeit und Familie bedeutet auch die örtliche Kirchgemeinde viel für Dübendorfer. Dort lernt er andere Sicht- und Denkweisen kennen, erfährt von den Freuden und Sorgen von Menschen, die er weder im Berufsleben noch in seiner Behördenarbeit antreffen würde. «Beziehungspflege und Austausch, das ist das Einzige, womit man die Kirche am Leben erhalten kann», betont Dübendorfer als ehemaliges Mitglied der Kirchenvorsteherschaft.
Fachgruppen sollen unterstützen
Doch auch in den Kirchgemeinden wird es immer schwieriger, Freiwillige zu finden, die sich engagieren. Dübendorfer hat sich Gedanken darüber gemacht, wie dieses Problem zu lösen wäre: Buchhaltung, Lohnabrechnungen und das Erstellen von Arbeitsverträgen wären zu zentralisieren. Bei baulichen Fragen sollten Experten herangezogen werden. Dübendorfer erklärt: «Eine Orgelrevision oder die Sanierung eines Kirchendaches kann man nur effizient planen, wenn man dies schon ein paar Mal gemacht hat.»
In Bezug auf potenzielle Behördenmitglieder hat er sich überlegt: «Heute werden die Menschen immer älter. Das Leben besteht aus einem Drittel Ausbildung, einem Drittel Berufsphase und einem Drittel Pensioniert-Sein.» Dieses letzte Drittel wäre prädestiniert für Ehrenämter. Mit der Unterstützung durch entsprechende Fachpersonen könnte sich jede und jeder ein solches Amt zutrauen.
Gewählt – ohne zu kandidieren