Geliebt und gesegnet
Ein Apriltag, kalt und regnerisch. Doch die weissen Kirschblüten im Garten erinnern an sonnige Frühlingstage. In Künzlers Stube ist es warm und heimelig. An der Wand hängt ihr Hochzeitsbild, gemalt von einer ihrer Töchter – ein sichtbares Zeichen dessen, was Rita und Heinz ihre Familie bedeutet. Die Braut, inmitten ihrer grossen Familie, trägt ein rotes Festkleid. Die Rubinhochzeit.
«Etwas Verbindendes»
Rita und Heinz haben schon einmal Ja gesagt zueinander: am 22. Juli 1983 auf dem Standesamt. Das Eheversprechen vor Gott gaben sie sich damals auch – nur für sich. Die kirchliche Hochzeitsfeier wollten sie nachholen, «doch es hat sich immer wieder verschoben, am Ende waren fünf Kinder da», erzählt Heinz. Wieder an einem 22. Juli, vierzig Jahre später, haben Rita und Heinz vor Gott und der Gemeinde nochmals Ja gesagt zueinander. Getraut hat sie der evangelische Pfarrer Paul Wellauer in der katholischen Kapelle Degenau, die am alten Pilgerweg von Konstanz nach St. Gallen steht. Dort sei immer noch der Geist der vielen Menschen spürbar, die mit Gott unterwegs waren. «All dies hat etwas Verbindendes für uns», sagt Heinz.
Gedanke mit göttlichem Absender
Manchmal spüre man, dass ein Gedanke einen göttlichen Absender habe, erzählt Rita. «Du bist jetzt schon seit vierzig Jahren verheiratet und hast noch nie in der Kirche vor Gott Ja gesagt zu Heinz.» Er ergänzt: «Wir wollten ein Zeichen setzten, dass wir nicht nur aus Tradition, sondern aus dem Glauben heraus kirchlich heiraten wollen.» Es gab auch Menschen, die sich darüber wunderten. Und viele, die sich mit ihnen freuten – darunter auch ihre Trauzeugen, bei denen Rita und Heinz vierzig Jahre zuvor als Trauzeugen amteten.
«Ja und danke sagen»
«Für uns war die kirchliche Hochzeit auch ein Ja und Danke sagen, dass Gott mit uns durchs Leben gegangen ist.» Für die grosse Freude an ihren Kindern. «Ich habe die Erfüllung in der Mutterrolle und der Arbeit in der Familie gefunden», blickt Rita dankbar zurück. Heinz fügt hinzu: «Dank meiner Arbeit als Pöstler konnte ich Rita unterstützen und eine Beziehung zu den Kindern aufbauen, weil ich schon früh zuhause sein konnte.» Keines ihrer Kinder sei ernsthaft krank gewesen und alle hätten sich zu eigenständigen Erwachsenen entwickelt. «Das ist nicht selbstverständlich, sondern ein Riesengeschenk.»
«Sehnsucht nach Gott gestillt»
Rita zeichnet ein Kuchendiagramm, ein Viertel davon fehlt: die Sehnsucht nach Gott. «Seit der kirchlichen Hochzeit ist das Fehlende ergänzt, die Sehnsucht gestillt», erzählt sie. «Wenn du das so denkst, ist das eine Hilfe für mich», meint Heinz. Dieses Denken verbessere auch ihre Beziehung. Wenn man miteinander durchs Leben gehe, bestimme alles, was der andere denke, auch einen selbst. «70 Prozent unseres Austausches ist nonverbal. Du spürst, ob sich der andere wohl fühlt, oder nicht», ergänzt Rita.
Vertrauen und Freiraum
Sie vertrauen einander und gemeinsam vertrauen sie Gott. Sie geben sich gegenseitig aber auch Freiraum: «Wir haben einander immer stehen lassen. Mal machten wir, was Rita wollte, mal machten wir, was ich wollte.» Es sei wichtig, den anderen mit seinen Eigenheiten stehen zu lassen und nicht zu versuchen, ihn zu ändern. «Der andere gehört nicht dir, er ist dein Begleiter durchs Leben. Das hat uns viel Ungemach erspart», sind sich die beiden einig. Doch eine ungelöste Situation gebe es immer noch, sagt Heinz nachdenklich. Er möchte Rita Hilfe anbieten, sie empfindet ihn als Lehrmeister. «Ich will meine eigenen Erfahrungen machen, auch wenn sie schmerzlich sind.» Das Aushalten des Schneefalls während der Kirschblüte im April im Vertrauen auf eine reiche Ernte.
Seg(n)en als Wegbegleiter
«Bhüet di Gott»: Ein alter Abschiedsgruss mit der Bitte um Gottes Segen für einen guten Tag. Heute tönt es: «Heb dir Sorg.» Ja, es ist wichtig, die Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen, aber das ist noch nicht alles. Bei der Taufe, der Konfirmation, der Hochzeit, Feiern zu besonderen Anlässen oder zur Erinnerung und bei Trauerfeiern wird mit der Bitte um Gottes Segen das Lebens von einzelnen – im Beisein von vielen – Gott anvertraut. Die Gemeinde freut sich mit oder bietet Hilfe an, dort, wo der eigene Einflussbereich oder die eigene Kraft begrenzt ist: Menschen werden zum Segen. Für Jesus Christus scheint das Segnen zum Alltag zu gehören: Er segnet die Kinder (Mk 10,13-16), das Brot (Lk 9,16) und fordert zum Segnen auf, selbst, wenn es schwerfällt (Lk 6,28). Diese Vielfalt des Seg(n)ens zeigt sich auch in den vielen Kinderzeichnungen, die zum Thema eingereicht wurden. Elvira Kugler (13) aus Steinebrunn gewann mit ihrer Zeichnung (oben) das Voting der Redaktionskommission und damit einen Eintritt ins Conny-Land in Lipperswil. cbs
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