Freundlich, aber nicht gastfreundlich
Eine iranische Familie kam über Italien in die Schweiz, wo sie seit vierzehn Monaten in vier verschiedenen Unterkünften untergebracht wurde. Aufgrund der Dublin-Verordnung sollten die Familienmitglieder nach Italien zurückkehren, obwohl sie dort menschenunwürdige Erlebnisse hatten. Dann entschied die Schweiz, einen Rückführungsstopp für Italien einzulegen.
Da die Familie aber zuvor Berufung eingelegt hatte, verlängerte sich der Asylprozess um sechs Monate, zudem hatte sie kein Recht mehr auf finanzielle Unterstützung und Deutschunterricht. Sie erhält nun nur noch Lebensmittel. Die Mutter, Zahra*, sucht nach Möglichkeiten, wo sie weiter Deutsch lernen kann. Sie erzählt: «Bisher waren die Asylgesetze gegen uns, und wir hatten nicht das Gefühl, dass jemand uns unterstützen möchte. Und dieses Gefühl der Unsicherheit im sichersten Land der Welt begleitet uns jeden Tag.» Gastfreundschaft habe die Familie in einer persisch-sprachigen Kirche in St. Gallen erlebt, die sogar ihre Zugtickets bezahlt habe.
Frauendiskriminierung erlebt
Zahra erklärt: «Ich denke, es ist in der Schweiz nicht bekannt, welche Unterdrückung und Diskriminierung den Frauen im Iran widerfährt. » Iranische Frauen hätten nicht das Recht, ihre Kleidung zu wählen, geschweige denn ihre Religion. Sie sei psychischen und körperlichen Übergriffen von Männern ausgesetzt gewesen. «Ich war seit mehreren Monaten keine Muslimin mehr, hatte aber nicht den Mut, dies meinen Verwandten zu sagen – nur mein Mann unterstützte mich.» Am Ende seien sie gezwungen gewesen, aus dem Iran zu fliehen, weil ein Muslim sie töten wollte.
«Würde gerne arbeiten»
Mohammed* aus Marokko nimmt wahr, dass viele Christen in der Schweiz ihren Glauben nicht authentisch leben und dass immer mehr Leute aus der Kirche austreten. Er gibt offen zu, dass er sich eine Islamisierung Europas wünscht. Nesrin* aus der Türkei meint: «Ich bin froh, dass ich in der Schweiz bin. Ich bin lesbisch, und meine Brüder wollten mich töten. Hier fühle ich mich in Sicherheit.»
Tafari* aus Äthiopien wartet schon fast drei Jahre auf den Entscheid. Er ist Rechtsanwalt und würde gerne arbeiten. Ehrenamtlich arbeitet er bereits im Krankenhaus und im Seniorenheim mit. Er hat guten Kontakt zu Schweizerinnen und Schweizern, wird von zwei Familien oft zum Essen eingeladen und kann gut Deutsch.
Seelsorgende geben Hoffnung
Fatou* aus dem Senegal wuchs bei ihrem Onkel auf, erlitt körperlichen Missbrauch und Genitalbeschneidung. Sie floh und vertraute sich einem Mann an, der ihr ein Visum für Deutschland und Arbeit versprach. Auf dem Weg dorthin habe sie per Zufall erfahren, dass sie in Deutschland zu einem Zuhälter gebracht werden sollte. Voller Panik sei sie in die Schweiz geflohen. Sie erzählt: «Bei den Seelsorgenden fand ich Trost und habe mit ihnen zum ersten Mal in meinem Leben meinen Geburtstag gefeiert.»
Jean* floh vor fanatischen Muslimen in Burkina Faso. Leider erlebe er oft Rassismus in der Schweiz. Viele Schweizerinnen und Schweizer seien freundlich, aber nicht gastfreundlich. Regeln seien ihnen wichtiger als Mitleid und Barmherzigkeit. Er erzählt aber auch von guten Erfahrungen: «Kirchgemeinden sind oft sehr gastfreundlich. Die Seelsorgenden haben mir Kraft und Hoffnung gegeben und meinen Glauben gestärkt.»
*Namen geändert
Freundlich, aber nicht gastfreundlich