Flüchtlinge suchen ein Zuhause
Jede Woche besucht Ruth Pfenninger im Kemmental «ihre» geflüchteten Freunde aus Albanien, Afghanistan und Eritrea zweimal in ihren Wohnungen. Sie pflegen den guten und regelmässigen Kontakt im lebhaften Deutschunterricht und setzen sich mit den Lebensbedingungen in der Schweiz auseinander, sprechen auch über Werte und Normen wie zum Beispiel die Abfalltrennung. Zu Ruth Pfenningers Aufgaben gehören die Organisation und Begleitung zu Arztterminen, pflegerische Hilfeleistung im Krankheitsfall oder notwendige Behördengänge, alles in enger Zusammenarbeit mit der Sozialbehörde. Ihre kontinuierliche Begleitung sorgt für Verlässlichkeit und sie wirkt vertrauensbildend. Tragfähige Strukturen zur Bewältigung traumatisierender Erschütterungen sind entstanden.
Arbeit bringt allen etwas
Ein wichtiges Diskussionsthema ist die Arbeit. Im Kemmental ist man in der glücklichen Lage, laufend vielfältige Beschäftigungsprogramme anbieten zu können: in der Landschaftspflege ebenso wie in der Unterstützung für die Bevölkerung. Dies hilft, Wartezeiten zu überbrücken und untätiges Herumsitzen zu vermeiden. Die gute Resonanz in der Zivilbevölkerung bestärkt Ruth Pfenninger, immer weiter in dieser Richtung aktiv zu sein. Das vorhandene Potential wird wahrgenommen, und es ist der Integration förderlich.
Sie leben in Ungewissheit
Ruth Pfenninger bewundert die Geduld der Flüchtlinge während der Zeit der Ungewissheit über ihren Asylbescheid. Diese sind getrennt von ihren Familien über lange Zeit. Das Handy schafft ein wenig Verbindung. Das Gebet vermag die Hoffnung auf ein Wiedersehen zu stärken. Die religiösen Festtage und Rituale tragen dazu bei, Brücken zu bauen. Oft fragt sich Ruth Pfenninger, wie die Flüchtlinge diese Situation ertragen, speziell die Minderjährigen. «Was haben ihre Augen gesehen, ihre Ohren gehört? Wo sind Mutter und Vater? Was erwartet sie mit dem ‹Abenteuer Europa› oder auf der Suche nach dem besseren Leben? Wo finden sie Schutz und Geborgenheit? » Sie hat den Eindruck, mit den unbegleiteten Kindern und Jugendlichen nicht genügend mitfühlen zu können: «Ich bin betroffen.» Ruth Pfenninger freut es, dass sich auch andernorts Menschen mit grossem Einsatz für die Integration engagieren. Einen Überblick zu verschiedenen Integrationsangeboten bietet eine neuartige Smartphone-App (siehe Kasten).
(dg, 24.08.2017)
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