Er wagt den Spagat
Was haben Theater und Theologie gemeinsam? «Beide sind stellenweise verstaubt», sagt Schauspieler Christian Klischat. Einerseits in ihrer inneren Machtstruktur, andererseits in ihrem Wirken nach aussen. «So schliessen sie Menschen bewusst oder unbewusst aus, während sie andere umso herzlicher einladen. Ich versuche den Spagat zu schaffen und durch meine Theaterabende bei jeder und jedem neue Berührungspunkte zur Theologie herzustellen.» So komme vielleicht die eine oder der andere zum Entschluss, mal wieder in die Kirche oder ins Theater zu gehen, zu beten oder zu tanzen.
Berührt und abgestossen
Den nächsten Anlauf nimmt der 52-jährige Deutsche Ende August in der Kartause Ittingen. An zwei Abenden verkörpert er den weltbekannten Reformator Martin Luther (siehe Hinweis am Schluss). Für ihn sei dies Ehre und Ekel zugleich: «Es ist eine Freude, die Worte und Gedanken von so einem grossen Geist zu verkosten, zu schmecken, abzuwiegen, mich von diesen durchdringen zu lassen und dann auszusprechen.» Luthers Menschsein, die Abgründe und Zweifel, die Ängste und Sorgen, die Freude und das Frohlocken, die Zartheit und Poesie hätten ihn sehr berührt. Nichtsdestotrotz sei aber auch Luther ein Kind seiner Zeit gewesen. «Sein Hass gegenüber gewissen Menschengruppen ist ekelhaft, abstossend und verstörend. Mit der fröhlich-machenden Botschaft des Nazareners, mit Jesu Leben und Wirken, dessen Dasein für jeden Menschen, vor aller Leistung und trotz aller Schuld, hat dies gar nichts gemein.»
Etwas Mut ablauschen
Auch diesbezüglich wagt Christian Klischat also gewissermassen den Spagat und wird – ganz im Sinne von Martin Luther – «kein Blatt vor den Mund nehmen». Und was sollen die Thurgauerinnen und Thurgauer von diesen Theaterabenden mitnehmen? «Ich wünsche mir, dass sie dem Menschen Martin Luther vielleicht noch etwas näher kommen und sich von ihm etwas Mut und Milde, Freude und Geborgenheit im Leben, wie auch im Glauben ablauschen.»
Er wagt den Spagat