News aus dem Thurgau
Laienpredigtdienst

«Eine gute Geschichte verpacken»

von pd
min
13.02.2024
Barbara Fuhrer fand im Laienpredigtdienst eine Möglichkeit, ihre Talente für die Kirche einzubringen, ohne Pfarrerin zu werden. Sie berichtet, warum sie gerne Laienpredigerin ist und will damit andere motivieren – ihr Erfahrungsbericht im Wortlaut.

«Mein Beruf ist es, Menschen zu befähigen, vor anderen angstfrei und motivierend zu sprechen. Ich selber habe daher auch das Flair, mit meinen Reden zu begeistern und in eine gute Geschichte zu verpacken. Ich habe in Arbon oft mitgeholfen, den Laiengottesdienst, der einmal im Jahr stattfindet, mitzugestalten. Ich dachte mir oft: Pfarrerin zu sein wäre auch ein toller Beruf. Aber mich hätte vor allem der Teil des Predigens interessiert. Ich habe mich also mit 37 Jahren mit einem Jobwechsel befasst. Aber ich habe schnell gemerkt, dass ein Studium in Theologie zu langwierig wäre, denn ich hatte ja mit meiner kaufmännischen Lehre keine Matura. Aus persönlichem Interesse habe ich aber den 2-jährigen Evangelischen Theologiekurs belegt. Ich sang nämlich zu der Zeit in einem Gospelchor und mir wurde bewusst, dass mein theologisches Wissen auf dem Stand der Sonntagsschule bzw. des Konfirmationsgottesdienstes stecken geblieben war. Zudem hatte ich die zwei Kinder meiner verstorbenen Schwester aufgezogen und wollte ihnen eine gute Basis sein für ein gelebtes Christentum.

«Ja, ich will»

Jahre später musste ich für ein Gesangsprojekt den Organisten kontaktieren und ich hatte seine Telefonnummer nicht. Auf der Webseite der Landeskirche fand ich eine Werbung. «Möchtest du Laienpredigerin werden?». Und in mir sagte alles «Ja, ich will»! Das war ja genau das, was ich gesucht hatte. Die Bedingung war: man musste den evangelischen Theologiekurs absolviert haben. Ist es nicht grossartig, wie Gottes Wege funktionieren? Jahre nach meiner Ausbildung wusste ich, weshalb ich sie absolviert hatte. Ich war sofort eingeschrieben, die Kirche Arbon hatte mir eine Empfehlung geschrieben und die Ausbildung war sehr praxisorientiert und nützlich.

In den USA begeistert worden

Mein ursprünglicher Wunsch zu predigen ist in den USA entstanden. Ich lebte in San Diego während 4 Jahren und war so begeistert vom Pfarrer in der Kirche. Er hat mir aufgezeigt, dass auch Humor Platz hat, dass man laut singen und sogar tanzen darf in der Kirche. Und die enthusiastischen Predigten blieben mir  mit ihrer Botschaft auch am Mittwoch noch in bester Erinnerung. Mir war auch immer wichtig, dass ich mit aktuellen Themen und mit verständlichen Worten auf Augenhöhe mit der Gemeinde kommuniziere. Nicht abgehoben, nicht überheblich – eben so, dass meine Botschaft alle berührt – egal in welchem Alter, welches Geschlecht und welche Nationalität.

Grösstes Kompliment

Ich habe am Anfang in meiner Wohngemeinde Arbon gepredigt, dann auch in drei bis vier verschiedenen Thurgauer Gemeinden. Da ich nicht total «bibelfest» bin hat mich die Vorbereitung immer sehr viel Zeit und Aufwand gekostet. Durch meinen Beruf hatte ich auch den Anspruch,  alles in einem Guss zu machen und die richtigen Texte, Lieder und Bibelstellen zu verwenden. Vor etwa sieben Jahren bin ich nach Rorschach in den Kanton St. Gallen umgezogen. Dort gibt es ein ganz anderes System für die «Prädikantinnen», wie die Laienpredigerinnen genannt werden. Ich konnte mich auf die Gemeinde Andwil im Thurgau konzentrieren und dort die Ferienablösung des engagierten Pfarrers machen. Der grosse Vorteil: ich kannte die Gemeinde mit der Zeit und die Gemeinde kannte mich. Das grösste Kompliment kam dann auch von einem Mitglied der Gemeinde. Sie lese immer im Kirchenboten, ob ich Predigt halte und wenn sie meinen Namen sähe, dann würde sie immer noch ein paar andere Leute einladen, am Sonntag meiner Predigt zuzuhören. Es versteht sich wie von selbst, dass ich auch viel Musik einbaue, denn so kann ich Emotionen noch besser festigen und auslösen.

Die grösste «Pleite-Anekdote»

Meine grösste «Pleite-Anekdote» ist, dass ich einmal tatsächlich den Text des Unservaters vergessen habe und ich das laut über das Mikrofon gelesen habe. Ein Gebet, das ich seit fast 60 Jahren auswendig kann. Irgendwie hatte ich in der Nervosität plötzlich den Text vergessen. Das war für mich Anlass dazu, den Text in einer schönen Meditation zum Vaterunser von Franz von Assisi nochmals zu verinnerlichen. Ich glaube, jetzt kann mir das nicht mehr passieren. Gott hat mir bestimmt verziehen und die Gemeinde sicherlich auch. Alles was ich in dieser Ausbildung und beim Predigen gelernt habe hat mein Leben enorm bereichert. Ich lebe jetzt die Hälfte des Jahres in Kenia und hier kann ich mein Wissen noch besser anwenden und mit meinen Worten den Menschen Hoffnung geben.»

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Seit kurzem schreibt Georg Stelzner für den Kirchenboten. Der 66-jährige Journalist aus Sulgen ist Fussballfan und leidenschaftlicher Leser lateinamerikanischer Literatur – wenn er überhaupt dazu kommt.