Drei Blicke aufs Wasser
Christian Herbst, Pfarrer in Uttwil, ist in Greifswald aufgewachsen. In seiner Kindheit gehörte die Stadt zur Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Segeln auf der Ostsee war verboten. Der Republikflucht sollte so Einhalt geboten werden. Der Blick auf das Wasser des Meers, seine Grösse und Schönheit, löste bei ihm eine Dynamik aus. In seinen Gedanken entstanden Bilder, die Fantasie liess ihn eine Reise beginnen, die unter den damaligen Verhältnissen gar nicht möglich war: Sie führte ihn in den Norden nach Schweden. Heute findet der ausgebildete Rettungsschwimmer Gedanken für Predigten beim Blick auf das Wasser.
Gebet statt Brückenzoll
Von Gefahren des Wassers weiss Paul Wellauer zu berichten. In Bischofszell fliessen Sitter und Thur zusammen. Gemäss einer Sage entstand die älteste Natursteinbrücke der Schweiz in der Folge eines tragischen Ereignisses: Die beiden Söhne einer Adligen seien im Hochwasser der Thur ertrunken. Darauf stiftete sie ihr Vermögen für den Bau der «krummen» Brücke. Als Brückenzoll wurde kein Geld eingezogen. Es sollte stattdessen ein Gebet gesprochen werden. Rund 300 Jahre lang blieb diese Regel bestehen, was dem Städtchen Aufschwung und den Reisenden einen besinnlichen Moment bescherte.
Altes verfliesst, Neues bricht an
In Ermatingen, wo Marc Mettler wirkt, macht sich durch Strömungen bereits der Übergang vom Untersee in den Rhein bemerkbar. Bei den Seetaufen wird durch das fliessende Wasser das Bild von der «neuen Kreatur» ersichtlich: Das Alte ist verflossen, Neues bricht an. Marc Mettler ist Segler und geniesst die Zeit auf dem Wasser als Oase im Alltag. Wenn er das Segel hisst, gewinnt das Boot auf dem Wasser Geschwindigkeit. Die Kraft des Windes treibt an, Freiheit wird spürbar. Vielleicht sei dies auch ein gutes Bild für das Kirchenschiff, sagt Mettler: «Seine Segel sind aufgerichtet. Gottes Geist, der weht, wo er will, bringt es dorthin, wo er es haben will.»
(Lars Heynen)
Drei Blicke aufs Wasser