News aus dem Thurgau

«Die Produktivität muss stimmen»

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17.08.2022
Effizient und dennoch im Einklang mit der Natur produzieren: Das sei auch auf einem Grossbetrieb möglich, sagt der Egnacher Obstbauer David Stacher. Obwohl der wirtschaftliche Druck weiter ansteigen dürfte, blickt er optimistisch in die Zukunft.

Von seiner Hebebühne aus könnte David Stacher den Blick über den nahegelegenen Bodensee schweifen lassen. Momentan hat er jedoch nur Augen für seine Apfelbäume. Mit flinkem Griff sortiert er kleine und beschädigte Früchte aus, damit die restlichen möglichst saftig heranreifen. Der 30-Jährige baut im thurgauischen Egnach auf insgesamt 20 Hektaren Kirschen, Birnen und Äpfel an. Den Obstbau betreibt er zusammen mit einem benachbarten Landwirt. Sie beschäftigen einen Festangestellten und während der Hochsaison im Spätsommer zeitweise über 20 Erntehelferinnen und -helfer.

Hohe Anforderungen, tiefe Preise
«Diese Betriebsgrösse hat sich bewährt», sagt Stacher. Dem gelernten Obstfachmann und studierten Umweltingenieur ist es wichtig, nicht für Direktzahlungen zu arbeiten, sondern für ein Produkt, hinter dem er stehen kann. Dazu sei wie in jedem Unternehmen Produktivität nötig. Hier sieht er denn auch die grösste Herausforderung: «Die Kundinnen und Kunden verlieren zunehmend den Bezug zur Landwirtschaft und stellen immer neue Forderungen, die es schwierig machen, wirtschaftlich zu produzieren.» Stacher nennt das Verbot von wirksamen Spritzmitteln als Beispiel. «Gleichzeitig sollen die Preise tief bleiben. Das führt dazu, dass der wirtschaftliche Druck weiter steigt, was wiederum nur mit höherer Effizienz aufgefangen werden kann. Oder wenn die Bauern auf Lohn verzichten.» Nichtsdestotrotz ist der Thurgauer überzeugt, dass nach wie vor auch kleinere Betriebe überleben können. Die Frage sei, ob man die passende Nische für sich findet – zum Beispiel mit biologischer Produktion.

Nächste Generation im Blick
David Stacher arbeitet bewusst konventionell, sein Betrieb ist also nicht biozertifiziert. Das bedeute indes nicht, die Natur aus den Augen zu verlieren. Im Gegenteil: Die Begeisterung für Pflanzen und Tiere mache letztlich eine Bäuerin oder einen Bauern aus. Und er stelle fest, dass der Nachhaltigkeitsgedanke auf den landwirtschaftlichen Betrieben nicht nur aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung immer wichtiger wird: «Die Bauern sind sich heute stärker bewusst, dass sie die Böden schonen und die Nützlinge stärken müssen, wenn der Betrieb eine Zukunft haben soll.» Landwirte seien immer auch langfristig denkende Unternehmerinnen und Unternehmer, weil sie ihren Betrieb nicht selten innerhalb der Familie weitergeben.

«Natur hat eigenen Kopf»
Dass die Kinder den elterlichen Hof auch wirklich übernehmen wollen – so wie David Stacher Anfang dieses Jahres – sei heute allerdings nicht mehr selbstverständlich. Deshalb dürfte die Tendenz anhalten, dass kleinere Betriebe von grösseren übernommen werden und immer weniger Betriebe immer grössere Flächen bewirtschaften. Stacher half hingegen schon als kleiner Bub gerne auf dem Hof mit. «Damals faszinierten mich vor allem die grossen Maschinen. Heute schätze ich die Kombination aus maschineller, handwerklicher und administrativer Arbeit.» Er empfinde es als Privileg, in und mit der Natur zu arbeiten – auch wenn das ein gewisses Mass an Gottvertrauen erfordere: «Man hat nicht immer alles im Griff. Das Wetter, die Tiere und die Pflanzen haben nun einmal ihren eigenen Kopf.»

Cyrill Rüegger

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