Die besten Leute geschickt
Die einflussreichen Reformatoren Johannes Zwick und Ambrosius Blarer arbeiteten beide in Bischofszell, einem Städtchen mit damals etwa 500 Seelen. Wie war das möglich? Die Suche nach der Antwort führt zu Andreas Gäumann, Pfarrer in Arbon und profunder Kenner der Reformation. Über den Reformator Martin Bucer hat er seine Doktorarbeit geschrieben.
In Leutmerken gepredigt
Ambrosius Blarer, 1492 – also vor 530 Jahren – in Konstanz geboren, führte 1529 und 1530 erfolgreich die Reformation in Bischofszell ein, ging dann aber wieder, nach vielen Zwischenstationen, nach Konstanz. Fast 20 Jahre später, als Konstanz rekatholisiert wurde, flüchtete er zu seiner Schwester in Leutmerken, wo er ebenfalls predigte. Vereinsamt starb er 72-jährig in Winterthur. Johannes Zwick war Blarers Cousin. Er wurde 1496 ebenfalls in Konstanz geboren und wirkte 1542 in Bischofszell, wo er am 23. Oktober – vor 480 Jahren – an der Pest starb. Blarer und Zwick waren nicht nur erfolgreiche Reformatoren, sie gelten auch als die Bahnbrecher des Kirchengesangs im oberdeutschenschweizerischen Raum. Zwick dichtete das Lied «All Morgen ist ganz frisch und neu». Gäumann weiss, weshalb Blarer und Zwick in dem kleinen Städtchen Bischofszell wirkten: «Bischofszell gehörte in der Reformationszeit zum Hochstift Konstanz, also zu dem nach Meersburg emigrierten Bischof. Das hinderte die evangelische Reichsstadt Konstanz sicherlich nicht, ihren Einfluss in dieser ‹Kolonie› geltend zu machen. Ich gehe von einem Ringen zwischen Bischof und Reichsstadt um den Einfluss in Bischofszell aus. Wenn Blarer und Zwick in Bischofszell amteten, wurde dem Ort eine gewisse Bedeutung beigemessen. Blarer und Zwick waren führende Persönlichkeiten. Man schickte die besten Leute.»
Eidgenossen redeten mit
Bereits 1531 wurde die Messe in Bischofszell wieder eingeführt. Das hänge sicher mit dem Zweiten Kappeler Landfrieden von 1531 zusammen, sagt Gäumann. «In Bischofszell hatten ja verschiedene Kräfte mitzureden – nicht nur das Hochstift, sondern auch die Eidgenossen. » Als Folge des Zweiten Kappeler Landfriedens wurde bestimmt, dass die katholisch Gebliebenen die Pelagiuskirche mitbenützen durften. Die Parität blieb bis 1969 bestehen, als die Reformierten ihre Johanneskirche bauten.
(Esther Simon)
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