Brüche haben sein Gottvertrauen gestärkt
Am 2. Mai 2021 ist der ehemalige Frauenfelder Pfarrer im Siebenbürgerheim in Rimsting/Deutschland knapp sieben Wochen nach seinem 95. Geburtstag in die Ewigkeit abberufen worden. Sein drittgeborener Sohn Christian – er war als langjähriger Pfarrer von Gachnang in die beruflichen Fussstapfen seines Vaters getreten – hat am Todestag im Kreis der Familie und mit einigen Heimbewohnerinnen und –bewohnern einen Abschiedsgottesdienst gehalten. Als Eingangsspruch hatte sich «Tata» – so nannte die Familie ihren Vater und Ehemann – seinen Konfirmationsspruch «Sei getreu bis in den Tod, so will ich Dir die Krone des Lebens geben.» (Offb. Joh. 2.10 b) gewünscht.
Aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft entkommen
Johannes Rudolf Herrmann hatte ein bewegtes Leben. «Geboren bin ich am 15. März 1926 im Blumenauer Pfarrhaus in Kronstadt, Siebenbürgen, das heute wie damals zu Rumänien gehört, als Sohn des Stadtpfarrers Alfred Herrmann und der Hilde Herrmann geb. Schmidt.", erklärt er im ersten Satz des von ihm selbst verfassten Lebenslaufs. Als 18-jähriger verliess Johannes Herrmann seine Heimat ein erstes Mal, als in den Kriegswirren im August 1944 die deutschen Truppen in Rumänien der Roten Armee weichen mussten. In Deutschland wurde er in den letzten Kriegsmonaten zur Luftwaffe eingezogen und geriet im März 1945 in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Im Juni 1945 gelang es ihm zu entkommen und am 5. August 1945 war er gesund wieder zu Hause in Siebenbürgen.
25 Jahre Pfarrer in seiner Heimat in Siebenbürgen/Rumänien
Nach einer Tischlerlehre entschied sich Johannes Herrmann 1950 als 23-jähriger an der Universität in Klausenburg Theologie zu studieren. 1953 heiratete er die junge Lehrerin Ria Reissenberger, die an der Uni Klausenburg Theologie studierte, und übernahm als cand. theol. die geistliche Betreuung der pfarrerlosen Kirchgemeinde Leblang in Siebenbürgen/Rumänien. Nach Abschluss des Studiums wurde Johannes Herrmann am 4. August 1954 als Pfarrer der Kirchgemeinde Leblang ordiniert. In der ersten Kirchgemeinde wurden der Ehepaar Johannes und Ria Herrmann die ersten drei Söhne Johannes, Peter und Christian geboren. 1959 wechselte Johannes Herrmann mit seiner jungen Familie zur Pfarrstelle in der Kirchgemeinde Hetzeldorf, wo 1962 der jüngste Sohn Martin das Licht der Welt erblickte.
1979 von Rumänien nach Deutschland ausgewandert
Nach 20 Dienstjahren in Hetzeldorf entschied sich die Familie 1979, Rumänien zu verlassen und in der Bundesrepublik Deutschland eine neue Existenz aufzubauen. Und es kam anders. Deutschland sollte für die Familie Herrmann nur zu einer vorübergehenden Heimat werden. In Köln war Johannes Herrmann zuerst arbeitslos, studierte dann an der kirchlichen Hochschule in Bethel Theologie mit dem Schwerpunkt Pastoralseelsorge und war anschliessend in Köln in der Telefonseelsorge und in der evangelischen Spitalseelsorge an der Universitätsklinik tätig.
In der Schweiz ab 1981 eine zweite Heimat gefunden
Im Oktober 1981 folgte der Wechsel in die Schweiz. In der Kirchgemeinde Frauenfeld wurde Johannes Herrmann als Pfarrverweser für das Quartier Oberwiesen eingesetzt und am 26. Mai 1986 als Pfarrer gewählt. Ab 1991 verbrachte Johannes Hermann seinen Ruhestand zusammen mit seiner Frau Ria auf dem Thurgauer Seerücken in Oberhörstetten/Homburg.
Im Jahr 2017 haben sich die beiden entschieden, den letzten Anschnitt ihres Lebens – betreut und wohlbehütet – im Siebenbürgerheim in Rimsting/Deutschland zu verbringen. Sohn Christian stellt in seinen Gedanken zum Abschied von seinem Vater fest: «Auch dieser Entscheid war in der Rückschau der einzig richtige, und führte auf Wege, die von Gott und seinem Segen begleitet wurden.» Beim Abschied am 2. Mai 2021 sieht Sohn Christian einen Kreis, der sich geschlossen hat: «Dies alles führt bis zum heutigen Tag, an dem wir vier Buben gemeinsam mit Mutti und unseren lieben Ehegattinnen hier an Tatas Totenbett stehen.» Mit den Worten von Choral 680 bringt die Familie ihr Vertrauen auf Gottes Schutz und Geleit zum Ausdruck: «Befiehl du deine Wege und was dein Herz nur kränkt, der allertreusten Pflege des, der den Himmel lenkt.»
(Ernst Ritzi)
Brüche haben sein Gottvertrauen gestärkt