«Botschafter ohne Stimme»
Pantomime und Menschenrechte – nicht gerade eine Kombination, an die man als Erstes denkt. Wie kam es zu diesem speziellen Programm?
Carlos Martínez: Die Show führen wir schon seit vielen Jahren auf. Sie entstand auf Anregung der Europäischen Union in den 90er-Jahren. Damals noch als Theater mit Sprache, haben wir dem Stück mittlerweile die Sprache entfernt. Anfangs haben wir das Stück sehr oft aufgeführt, doch über die Jahre scheint das Thema Menschenrechte nicht mehr auf so viel Interesse zu stossen.
Woran denken Sie liegt das?
Ich weiss nicht, ob es am Krieg, an Corona oder der wirtschaftlichen Lage liegt, aber es scheint mir, als ob das Bewusstsein oder das Interesse an den Menschenrechten abgenommen hat. Jeder denkt primär an sich und vergisst dabei, dass die Menschrechte ja uns alle betreffen. Deshalb freue ich mich, das Stück wieder einmal aufführen zu dürfen und bewundere den Mut der Veranstalter.
Weshalb haben Sie sich entschieden, bei diesem Thema keine Sprache zu verwenden?
Gerade bei der Verletzung von Menschenrechten geschieht dies mit einem grossen Teil der Weltbevölkerung, welche international ja gar keine Stimme hat. Ich als Künstler entscheide mich ja bewusst dafür, meine Stimme nicht zu benutzen. Mit meiner stillen Kunstform möchte ich als Botschafter wirken für alle jene, welche ihre Stimme nicht erheben können. In der Ankündigung steht, dass es auch etwas zu schmunzeln und lachen geben wird. Wie passt das mit einem ernsten Thema wie den Menschenrechten zusammen? Gerade zu Beginn ist das Stück sehr ernst und erdrückend. Das Publikum ist jeweils regelrecht schockiert über die Intensität der Darbietung. Oft habe ich schon die Rückmeldung erhalten, dass ein Teil des Publikums kurz davor war, den Saal zu verlassen. Darum ist es wichtig, einen dramaturgischen Bogen zu schaffen, in dem sich Heiterkeit und Ernsthaftigkeit abwechseln. Und die Menschrechte, wenn sie denn eingehalten werden, sind ja eigentlich etwas Schönes.
Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention sichert das Recht auf Religionsfreiheit zu. Was für ein Verhältnis haben Sie zu Religion?
Ich bin in einer streng katholischen Familie in Spanien gross geworden. Als ich dann nach Barcelona kam, entdeckte ich den Protestantismus. Ein Schock für meine Familie. In der Auseinandersetzung lernten wir jedoch, dass es gar nicht so sehr auf die Bezeichnung unseres christlichen Glaubens ankommt, sondern dass vielmehr die Bibel im Mittelpunkt stehen sollte. So hat unsere ganz persönliche Beziehung zur Bibel unseren Zusammenhalt und Glauben nur noch gestärkt.
(Claudia Koch)
«Botschafter ohne Stimme»