News aus dem Thurgau

Armut führt zu neuer Apartheid

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07.03.2016
Armut führe zu neuer Rassentrennung in Südafrika, sagt der anglikanische Bischof Jo Seoka. Denn die Wirtschaft befinde sich auch nach dem Ende der Apartheid in den Händen der weissen Minderheit. Seoka ist für die aktuelle Kampagne «Verantwortung tragen – Gerechtigkeit stärken» von «Brot für alle» in der Schweiz unterwegs.

Die Haftentlassung von Nelson Mandela im Jahr 1990 leitete das Ende der Apartheid in Südafrika ein. Heute, rund 25 Jahre später, garantiert das Gesetz die Gleichberechtigung von Schwarz und Weiss. Doch das Bild der multikulturellen Regenbogennation, in der Frieden und Harmonie herrschen, täuscht. «Noch immer gibt es Spannungen», betont Jo Seoka. Der anglikanische Bischof besuchte am Samstagabend die Johanneskirche in Basel.

1991 führte Südafrika die schulische Integration ein. «Die Jugendlichen von heute wissen nicht mehr, was Apartheid bedeutet», sagte Seoka. Vielen bleibe aber nach wie vor der Zugang zu Bildung und Jobs verwehrt. Dies zeigten letztes Jahr die Demonstrationen an den südafrikanischen Universitäten gegen die Erhöhung der Studiengebühren. Unter dem Hashtag «FeesMustFall» verbreitete sich die Bewegung in den sozialen Medien. «Die Jungen wollen freien Zugang zu den Schulen und Universitäten», so der Bischof. Doch weil sie es sich nicht leisten können, hätten sie keine Chance auf eine Ausbildung und litten unter der hohen Arbeitslosigkeit.

Ein freies Leben in Südafrika sei heute eine Frage des Geldes, erklärte Jo Seoka. Der gesetzliche Mindestlohn, sofern er überhaupt ausbezahlt werde, erlaube kein Leben in Würde. Viele könnten sich nicht einmal die öffentlichen Verkehrsmittel leisten.

Bischof Joseph Seoka weilt im Rahmen der aktuellen Fastenzeit-Kampagne von «Brot für alle» in der Schweiz. Das Hilfswerk prangert die Zustände in den Goldminen Afrikas an und nimmt die Schweiz in die Verantwortung. Fünf Schweizer Unternehmen raffinieren 68 Prozent des Goldes, das in der ganzen Welt abgebaut wird.

Hilfe für die Minenarbeiter
Jo Seoka betreute als junger Seelsorger Minenarbeiter in Südafrika. Er kennt die gefährlichen Arbeits- und Lebensbedingungen der Bergleute und ihrer Familien. Sie leiden unter Ausbeutung, Umweltverschmutzung und den daraus entstehenden Krankheiten. Als Präsident der Nichtregierungsorganisation Bench Marks Foundation kämpft der 68-Jährige seit Jahren gegen die Missstände in seinem Land und setzt sich für Gerechtigkeit im Minengeschäft ein.

Vor vier Jahren half der Bischof den Arbeitern in der Platinmine in Marikana. Diese streikten für höhere Löhne. Seoka: «Die Kirche bot sich an, ihnen zuzuhören und für sie zu verhandeln, weil sich das Management weigerte, mit ihnen zu sprechen.» Die Polizei erschoss 34 der unbewaffneten Minenarbeiter. Die von der Regierung eingesetzte Untersuchungskommission sei bis heute untätig geblieben. «Vier Jahre später haben die Familien noch immer keine Entschädigung erhalten und keiner der Verantwortlichen ist verurteilt worden.»

Im April wolle man an der Aktionärsversammlung von BASF vorstellig werden und den Chemiekonzern an seine Verantwortung für die Zustände in den Minen erinnern, erklärte Seoka in Basel. BASF bezieht Platin aus Südafrika und ist Kunde der britischen Gesellschaft Lonmin, welche die Mine in Marikana betreibt. Bereits letztes Jahr verlangte der Bischof von BASF eine Stellungnahme zum Massaker vom 16. August 2012. Das Unternehmen gebe vor, nicht zu wissen, wie es in den Platin-Minen zugehe, sagte Seoka. «Doch jetzt gibt es einen Bericht.»

«Stellt kritische Fragen»
«Stellt kritische Fragen», appellierte Jo Seoka an die Zuhörenden. Das Gold, das so schön funkle, sei kein Gott. Die wirtschaftliche Unterdrückung in Südafrika habe die politische abgelöst. So wie die Schweizerinnen und Schweizer während der Apartheid keine Äpfel und Orangen aus Südafrika gekauft hätten, sollten sie jetzt das Gold boykottieren. «Hinter der Fassade dieses wundervollen Landes verbergen sich Hunger und Armut. Macht die Augen auf!», forderte der Bischof.

Karin Müller / Kirchenbote / 7. März 2016

Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».

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