News aus dem Thurgau

Wohnen auf Zeit hilft wieder Fuss zu fassen

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17.04.2019
Seit Januar 2018 berät Rosmarie Günthör Frauen und Familien in der Beratungsstelle der Thurgauischen Evangelischen Frauenhilfe tef in Weinfelden. Sie klärt auch ab, wer für befristete Zeit die tef-Wohnung in Romanshorn beziehen kann.

«Tut mir leid, ein Bild in der Wohnung können wir nicht machen, die Wohnung ist gerade besetzt», winkt Rosmarie Günthör bei der Vorbereitung zu diesem Beitrag ab. Es geht um die WaZ-Wohnung. So nennt die Sozialarbeiterin die möblierte 2-Zimmer Wohnung in Romanshorn. Die Thurgauische Evangelische Frauenhilfe tef bietet mit WaZ – Wohnen auf Zeit – eine Übergangslösung für Menschen in einer akuten Notlage an. «Die Wohnung ist in der Regel besetzt und meist nur mit kurzen Unterbrüchen frei. Das zeigt, dass der Bedarf an unserem Angebot gross ist», sagt die tef- Beraterin. Entsprechend oft springt einem beim Klick auf die Website www.tef.ch der Satz: «Die Wohnung auf Zeit ist besetzt» entgegen.

Befristete Auszeit zur Neuorientierung
«WaZ ist eine gute Sache, weil wir schnell reagieren können.» Rosmarie Günthör spricht die kurze Mietdauer von einer Woche bis zu drei Monaten und die kurzen Kündigungsfristen an. Die Klientel sind meistens Frauen, oft alleinstehende Mütter mit Kindern. Manchmal kommen sie aus gewaltbetroffenem Umfeld oder direkt aus dem Frauenhaus. Manchmal drängt eine Änderung der sozialen oder finanziellen Situation zur Neuorientierung. Die befristete Auszeit erlaubt es den WaZ-Mieterinnen, Gedanken und Gefühle zu ordnen und zu sich selbst zu finden ohne dabei auch noch den Druck «Wo finde ich Unterschlupf?» aushalten zu müssen. WaZ hat aber auch schon Männer in Notsituationen beherbergt und ihnen geholfen, wieder auf die Beine zu kommen.

Sorgfältige Abklärung
tef stellt Wohnraum, aber keine Betreuung zur Verfügung. Deshalb klärt Günthör sorgfältig ab, ob die Bewerberinnen und Bewerber in der Lage sind, ihren Alltag alleine zu bewältigen. Im Normalfall verlaufe die Vermietung auf Zeit problemlos, die guten Erfahrungen überwiegen. Nach spätestens drei Monaten beurteilt sie die Situation im persönlichen Gespräch mit den Bewohnenden neu. «Mitunter gibt es aber auch erheblichen Aufwand. Zum Beispiel wenn sich trotz sorgfältiger Abklärung herausstellt, dass jemand die Bedingungen nicht mehr erfüllt. Sei es, weil eine überwunden geglaubte Erkrankung unvermittelt wieder zuschlägt oder eine andere Fachperson mit der Beurteilung falsch gelegen ist. Trotz aller Professionalität kann man nicht in eine Person hinein schauen», sagt Günthör. Die weniger befriedigenden Erfahrungen relativiert sie schulterzuckend: «Schliesslich bin ich nicht umsonst Sozialarbeiterin geworden.» Man spürt, dass ihr die Menschen wichtig sind, für die sie sich einsetzt.


(Brunhilde Bergmann, 26. April 2019)

 

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