News aus dem Thurgau

Die Kirche punktet bei der Betreuung

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29.06.2017
Die Jugend will von der Kirche nichts wissen, hört man immer wieder. Doch stimmt das? Und was kann man dagegen tun? An der Tagung «Was macht Kirche für Junge attraktiv?» in Liestal suchten Jugendarbeitende und Fachleute Antworten.

Die Frage beschäftigt die Kirchen seit längerem: Wie bringt man die Jugendlichen dazu, kirchliche Angebote zu nutzen? Die Fachstelle für Jugendarbeit der Reformierten Kirche Baselland (FaJu) ging diesem Thema an der ökumenischen Tagung «Was macht Kirche für junge Menschen attraktiv?» in Liestal nach. Jugendarbeitende stellten Projekte, neue Konzepte und Ideen vor, die frischen Wind bringen und Jugendliche begeistern.

Interesse fanden auch Erkenntnisse «vo äne am Rhy». Wolfgang Ilg, Landesschülerpfarrer im Evangelischen Jugendwerk in Württemberg und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Tübingen, präsentierte die Studien «Jugend zählt» und «Jugend gefragt!» zur Kinder- und Jugendarbeit in den Evangelischen Landeskirchen Baden und Württemberg.

20 Thesen für die Jugendarbeit
«Jugend zählt» ist eine statistische Erhebung, die Zahlenmaterial zur Arbeit mit Kindern und Jugendlichen liefert. Auf dieser Grundlage baut die Studie «Jugend gefragt!» auf. Aufgrund von Gesprächen mit 185 Experten formulierten die Autoren zwanzig Thesen.

Dank der Studie «Jugend zählt» verfüge man erstmals über konkrete Daten, sagte Ilg. Darunter durchaus positive. So zeigte sich unter anderem, dass über 90 Prozent der evangelischen Jugendlichen an der Konfirmandenarbeit teilnehmen. Überraschend sei zudem die Erkenntnis, dass 58 Prozent der Sechs- bis Zwölfjährigen in ausserschulischen Gruppen engagiert seien. Eine der Empfehlungen der Studie lautet denn auch, öfter den Fokus auf das zu legen, was gut läuft, statt sich ausschliesslich «mit Krisen und Schwächen» zu beschäftigen.

Weniger evangelische Kinder
Dass allgemein immer weniger Kinder die Angebote nutzen, habe nicht so sehr mit mangelndem Interesse zu tun, sondern mit der Tatsache, dass die Zahl der evangelischen Kinder und Jugendlichen abnehme, meinte Ilg.

Einen grossen Vorteil hätten die Kirchen bei der Betreuung. Auf drei bis vier Kinder kommt gemäss Studie ein Betreuer, «das ist eine sehr hohe Zahl», betonte Ilg. Leide etwa ein Kind im Lager unter Heimweh, fände es ziemlich sicher jemanden, der Zeit habe, sich mit ihm zu beschäftigen. So bildeten sich enge Beziehungen. Diese könne man aber nicht verordnen. Darum sei es besonders wichtig, Strukturen zu schaffen, die sie ermöglichen.

«Jugendarbeit ist Beziehungsarbeit»
Dies bestätigte Martin Madörin, Co-Leiter der FaJu, aus seiner Erfahrung. «Jugendarbeit ist Beziehungsarbeit.» Gelinge es, in einem Lager gute Beziehungen aufzubauen, kehrten die Kinder jedes Jahr zurück, obwohl man sich dazwischen nicht sehe. Für Madörin sind nicht nur die persönlichen Begegnungen wichtig. Auch mit Politik und Behörden müsse die Kirche Beziehungen pflegen, um Vereinbarungen treffen zu können. Die Studie aus Württemberg braucht dafür das Bild «Landschaften statt Inseln», denn «institutioneller Egoismus» könne wertvolle Kooperationen verhindern – «zum Nachteil junger Menschen».

Die Erkenntnisse der Veranstaltung sollen in der Reformierten Kirche Baselland auch in die Umsetzung der Visitation fliessen. Roland Plattner, der die Stabsstelle Kirchen- und Gemeindeentwicklung leitet, kann sich vorstellen, dass man wie in Württemberg eigene Thesen erarbeitet. Zum Beispiel zur Gestaltung von Übergängen.

Viele Jugendliche kehrten der Kirche nach der Konfirmation den Rücken zu. Wie kann man das verhindern? «Indem wir gemeinsam mit den jungen Menschen überlegen, wie wir sie auf ihrem weiteren Lebensweg unterstützen können, etwa bei der Berufsfindung, beim Berufseinstieg oder später bei der Familiengründung», sagt Plattner. «Die konkreten, lebenspraktischen Fragen der jungen wie älter werdenden Menschen stehen im Vordergrund.»

Karin Müller, 29. Juni 2017

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