Freiheit ist gar nicht so einfach
Wie alles auf unserer Welt ist auch die Freiheit zwiespältig. Zwei aktuelle Beispiele.
In China wird einerseits die Amtszeitbeschränkung für den Staatspräsidenten aufgehoben, andererseits wird für die Bürger ein allumfassendes Punktesystem über ihr soziales Verhalten eingeführt, das darüber entscheidet, welche Arbeitsstelle und Wohnung jemand bekommt oder ob er fliegen darf. Und ein Teil der Bevölkerung begrüsst diese totale Kontrolle, weil sie das Zusammenleben sicherer und sauberer mache.
Selbstverständlich ist das Anliegen der #MeToo-Bewegung, die sich gegen die sexuelle Belästigung von Frauen zur Wehr setzt, längst überfällig. Aber wenn in der Folge davon in Museen jahrhundertealte Kunstbilder abgehängt und Grimms Märchen umgeschrieben werden müssen oder die Bibel in einzelnen Bibliotheken der USA auf den Index kommt (notabene in dem Land, das die meisten Pornofilme produziert), dann fragt Mann und Frau sich zu Recht, ob da nicht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird. Wie sagte doch Benjamin Franklin: «Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.»
Freiheit beinhaltet immer Chancen und Gefahren.
Freiheit beinhaltet immer Chancen und Gefahren. Freiheit ist nie nur Selbstbestimmung und nie Selbstzweck. Sie ist immer verbunden mit Verantwortung. Freiheit und Regeln müssen im Gleichgewicht sein, damit eine Gesellschaft funktioniert und alle ihre Mitglieder gleichberechtigt, gleichwertig und so glücklich wie möglich sind. Wirklich frei zu sein bedeutet nicht nur, selber frei zu sein, sondern auch, so zu leben, dass die Freiheiten der anderen respektiert und gefördert werden.
Darum ist nur folgerichtig, was der Philosoph J.G. Fichte sagte: «Nur die Verbesserung des Herzens führt zur wahren Freiheit.» Und genau dies ist das Grundanliegen der Bibel – und
eine ständige Herausforderung für uns alle.
Kommentar: Marcel Wildi Foto: Andreas Stöckli – Kirchenbote SG, April 2018
Freiheit ist gar nicht so einfach